Hamburg . Die Betreiber befürchten, dass ihre Existenzen durch die geplante Sanierung der Kaimauern in der Speicherstadt in Gefahr sind.
Ein lautes Hupkonzert hallt durch die Speicherstadt. Es ist jedoch kein Auto-, sondern ein Barkassenkorso, der seine Schiffshörner zum Protest für einen Moment alles übertönen lässt. Rund 30 Barkassen des Hafenschifffahrtsgewerbes haben sich am Mittwoch bei der Protestfahrt durch die Speicherstadt beteiligt, um auf die wirtschaftlichen und touristischen Auswirkungen der geplanten Kaimauersanierung aufmerksam zu machen. „Wir wollen von der Stadt nicht so stiefmütter-lich behandelt werden. Man hat uns nicht genug gehört“, sagt Kapitän und Barkassenunternehmer Gregor Mogi, der den Protest mit organisiert hat. Er besitzt selbst sechs Barkassen, die täglich durch die Speicherstadt schippern.
Die Barkassenbetreiber rechnen laut Mogi aufgrund der geplanten Sanierung mit einer Halbierung ihrer Umsätze. Hintergrund ist, dass für die Sanierung die Sohle der Fleete um einen Meter aufgeschüttet werden soll, damit die alten Holzpfähle unterhalb der Kaimauern geschützt sind. Das würde bedeuten, dass sich das tidebedingte Zeitfenster, das den Barkassen eine Fahrt durch die Fleete erst ermöglicht, erheblich eingeschränkt wäre. „Die Fahrzeit würde sich von vier auf zwei Stunden reduzieren“, sagt Kapitän Mogi. „Das bedeutet eine Halbierung der Fahrgastzahlen.“ Denn: Bei Hochwasser könnten die Barkassen die zahlreichen Brücken nicht mehr passieren, da der Abstand zwischen der Wasseroberfläche und der Brücke deutlich geringer wäre.
100 bis 150 Barkassenfahrten pro Tag
Pro Tag würden 100 bis 150 Barkassenfahrten durch die Speicherstadt angeboten. Insgesamt gebe es 15 Barkassenunternehmen mit rund 90 Booten. „Mit dem engeren Zeitfenster müssten Touristen dann geballt zu uns kommen“, sagt Mogi. „Die Fahrten wären ein einziges Gerangel.“ Auch müssten viel mehr Schiffe gleichzeitig fahren. Ob durch die Sanierungspläne Arbeitsplätze bedroht sind? „Bedroht? Es ist eher eine Frage, ob wir Unternehmer es überhaupt schaffen“, sagt Mogi. „Ich weiß nicht, ob der Stadt bewusst ist, was man uns damit antut.“
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Eine Möglichkeit, länger mit den Barkassen durch die Speicherstadt zu fahren, wäre ein Umbau der Schiffe. Das kostet jedoch Geld. 1o0.000 bis 200.000 Euro pro Boot, schätzt Mogi. Die Barkassenbesitzer und der Hafenschifffahrtsverband fordern, dass die Stadt für den Umbau der Barkassen aufkommt. „Der Umbau und die Finanzierung müssen abschließend geklärt werden, ohne dass finanzielle Nachteile für die Barkassenunternehmer entstehen“, sagt Sven Saborosch, Vorstand des Hafenschifffahrtsverbands.
Ein mögliches Szenario für einen Umbau wäre, den Fahrgastraum der Barkassen abzusenken, sodass die Boote anschließend einen größeren Spielraum unter den Brücken hätten. Diese Option werde von der zuständigen Finanzbehörde bereits untersucht. „In Kürze wird ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Möglichkeiten für technische Umbauten an den Barkassen prüfen soll“, sagt ein Sprecher der Finanzbehörde. So auch die absenkbaren Aufbauten. Die Kosten für das Gutachten trage die Behörde.
Wichtige Touristenattraktion
Neben den negativen Auswirkungen für ihr Geschäft kritisieren die Unternehmer auch, dass die Finanzbehörde sie zu spät in die Planung einbezogen und ihre Vorschläge dann abgelehnt habe. „Wir haben ganz plötzlich, mitten im Hauptgeschäft erfahren, dass die Planungen abgeschlossen sind“, sagt Mogi. Diesen Vorwurf weist die Behörde zurück. „Im Zuge der Planungen der Sanierungsarbeiten fand und findet ein regelmäßiger und enger Austausch mit den Barkassenschiffern statt, deren Belange wir im Blick haben“, heißt es von der Finanzbehörde. Die Behörde kümmere sich auch bereits darum, „das beschiffbare Zeitfenster auf den Fleeten nach der Sanierung zu optimieren“, so der Behördensprecher weiter. Denkbar wären zum Beispiel digitale Anzeigen von Pegelständen an Brücken und im Internet.
Bis 2024 sollen die Kaimauern der Speicherstadt und des Zollkanals für rund 190 Millionen Euro saniert werden, um deren Standfestigkeit zu sichern. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Sanierung. Wir wollen, dass die Speicherstadt erhalten bleibt“, betont Barkassenreeder Mogi. „Aber die jetzigen Planungen bedrohen unsere Existenz.“ Die Unternehmer fordern deshalb auch ein Zukunftsdenken. So solle sichergestellt sein, dass bei möglichen Versandungen in den Fleeten Geld für Baggerarbeiten zur Verfügung steht. Die Touren durch die Speicherstadt seien eine wichtige Touristenattraktion. Barkassenbetreiber Gregor Mogi mahnt: „Die Barkassen sind für Hamburg so wichtig wie die Gondeln für Venedig.“