Hamburg. Wegen der Freikarten für das Konzert im Stadtpark wird gegen Yvonne Nische, die designierte Bezirkschefin, ermittelt.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt offiziell gegen Yvonne Nische, designierte Bezirksamtsleiterin von Hamburg-Nord, im Zusammenhang mit den Freikarten für das Rolling-Stones-Konzert im Stadtpark. Wie das Abendblatt erfuhr, ist auch das Ernennungsverfahren zur Leiterin des Bezirksamts deshalb ausgesetzt.

„Es läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung“, sagt Carsten Rinio, Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Gegenstand des Verfahrens sind die Vorwürfe der unzulässigen Annahme und Weitergabe von Freikarten für das Rolling-Stones-Konzert in Hamburg im vergangenen Jahr.“ Damit dürfte die offizielle Ernennung der 53-Jährigen durch den Senat erst einmal auf Eis liegen.

Ernennungsverfahren ausgesetzt

„Vor dem Hintergrund der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist das Ernennungsverfahren für die Bezirksamtsleitung in Hamburg-Nord derzeit ausgesetzt“, sagt die für das Verfahren zuständige Finanzbehörde auf Nachfrage. Die Behörde weiß nach Angaben von Sprecher Claas Ricker seit dem 14. August von den Ermittlungen gegen Nische.

„Die Vertretungsregelung und damit auch die vollumfängliche Handlungsfähigkeit der Bezirksamtsleitung in Nord ist jedoch weiterhin gewährleistet.“ Grundsätzlich handele es sich bei der Ernennung von Bezirksamtsleitungen um beamtenrechtliche Vorgänge, deren Prüfung unterschiedlich lange Zeit in Anspruch nehmen könnte. Zu einzelnen personalrechtlichen Fragen könne aber keine Auskunft gegeben werden.

Karten kamen von offenbar von Harald Rösler

Nische, die nach wie vor als Sozialdezernentin in Hamburg-Nord tätig ist, sagte, die Nachricht, dass gegen sie ermittelt werde, sei „schockierend und belastend“. Sie hatte noch vor Kurzem dem Abendblatt gegenüber bestritten, dass es Ermittlungen gegen sie gebe. Tatsächlich sei ihr das so bestätigt worden, betonte sie am Mittwoch erneut. „Ich wusste bis vor wenigen Tagen nicht, dass gegen mich ermittelt wird, und bin darüber sehr unglücklich.“ Sie habe zwei Karten vom damaligen Bezirksamtsleiter Harald Rösler angenommen – im Vertrauen darauf, dass das geprüft und genehmigt sei. Das sei ihr auch so zugesichert worden. Sie selbst war bei dem Konzert, die zweite Karte habe sie nicht privat genutzt.

Bereits im April war Yvonne Nische von der Bezirksversammlung als Nachfolgerin von Harald Rösler (SPD) gewählt worden. Dieser schied Ende Juni aus Altersgründen aus dem Amt aus. Kurz nach dem Rolling-Stones-Konzert im September vergangenen Jahren war der Bezirksamtsleiter ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, weil er 100 Freikarten angenommen und verteilt hatte.

Bezirkskoalition steht hinter ihr

Die rot-grüne Bezirkskoalition will an der von ihr vorgeschlagenen Kandidatin festhalten. „Wir stehen weiterhin hinter ihr, weil sie einen guten Job machen wird. Zudem gilt die Unschuldsvermutung“, sagt Thomas Domres, Fraktionsvorsitzender der SPD. Er fordert von der Justizbehörde, das Verfahren aus Personenschutzgründen schnell abzuarbeiten. „Das gesamte Verfahren dauert schließlich schon etwa ein Dreivierteljahr.“

Tatsächlich können Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – unabhängig von ihrem Ausgang – Ruf und Karriere ruinieren. Prominentestes Beispiel ist der frühere Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU), gegen den 2012 wegen des Verdachts der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit dem Kauf seines Hauses in den Elbvororten ermittelt worden war. Der Verdacht, Ahlhaus habe keine oder eine zu niedrige Courtage gezahlt, bestätigte sich nicht. Doch erst nach einem Jahr wurde das Verfahren eingestellt – da hatte Ahlhaus seine politischen Ambitionen längst begraben.

„Ausgewiesene Verwaltungsexpertin“

Dass aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen die Ernennung derzeit nicht erfolge, sei ein normaler beamtenrechtlicher Vorgang, sagt Grünen-Fraktionschef Michael-Werner Boelz. „Wir respektieren die Unabhängigkeit der Justiz und werden das Ergebnis dieser Ermittlungen abwarten. Allerdings hoffen wir, dass das Verfahren zügig abgeschlossen wird.“ An der fachlichen Qualifikation von Frau Nische bestehe keinerlei Zweifel. „Sie ist eine ausgewiesene Verwaltungsexpertin und wurde von der Bezirksversammlung Hamburg-Nord von deutlich mehr Abgeordneten gewählt als die rot-grüne Koalition im Bezirk stellt.“

Die Rolling Stones im Stadtpark:

Die Rolling Stones im Stadtpark

Die Rolling Stones, Ron Wood (v.l.), Mick Jagger, Charlie Watts (verdeckt) und Keith Richards bei ihrem Tournee-Auftakt im Hamburger Stadtpark
Die Rolling Stones, Ron Wood (v.l.), Mick Jagger, Charlie Watts (verdeckt) und Keith Richards bei ihrem Tournee-Auftakt im Hamburger Stadtpark © dpa | Carsten Rehder
Mick Jagger begeisterte die Fans mit seiner Energie
Mick Jagger begeisterte die Fans mit seiner Energie © HA | Marcelo Hernandez
Von Sierichs Biergarten aus konnten Stones-Fans die Bühne nur von hinten sehen
Von Sierichs Biergarten aus konnten Stones-Fans die Bühne nur von hinten sehen © HA | Klaus Bodig
In Sierichs Biergarten am Stadtparksee: Stones-Fans Lorenz Winkler (v.l.n.r.), Elena Gärte und Benedikt Schütt
In Sierichs Biergarten am Stadtparksee: Stones-Fans Lorenz Winkler (v.l.n.r.), Elena Gärte und Benedikt Schütt
Die Rolling Stones auf der Bühne
Die Rolling Stones auf der Bühne © HA | Marcelo Hernandez
Stones-Fans schipperten mit rund 100 Booten auf dem Stadtparksee
Stones-Fans schipperten mit rund 100 Booten auf dem Stadtparksee © HA | Marcelo Hernandez
Am Sonntag startete der Abbau der riesigen Bühne
Am Sonntag startete der Abbau der riesigen Bühne © HA | Klaus Bodig
Auf der Wiese vor dem Planetarium zeugen noch leere Flaschen und Plastikbecher von dem Stones-Konzert gestern Abend
Auf der Wiese vor dem Planetarium zeugen noch leere Flaschen und Plastikbecher von dem Stones-Konzert gestern Abend © Genevieve Wood
Der Morgen nach dem Stones-Konzert
Der Morgen nach dem Stones-Konzert © HA | Genevieve Wood
Der Morgen nach dem Stones-Konzert
Der Morgen nach dem Stones-Konzert © HA | Genevieve Wood
Mick Jagger auf der Bühne: Los ging es mit
Mick Jagger auf der Bühne: Los ging es mit "Sympathy for the Devil" © Reuters
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Viermal in Über-, einmal in Lebensgröße: Mick Jagger auf der Bühne im Stadtpark
Viermal in Über-, einmal in Lebensgröße: Mick Jagger auf der Bühne im Stadtpark © Reuters | Morris MacMatzen
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark
Die Stones spielen vor 82 000 Fans im Stadtpark © HA | Marcelo Hernandez
Einer der vier Videotürme
Einer der vier Videotürme © HA | Marcelo Hernandez
Die Bühne in ihrer ganzen Pracht – noch ohne die britischen Alt-Rocker
Die Bühne in ihrer ganzen Pracht – noch ohne die britischen Alt-Rocker © HA | Marcelo Hernandez
Noch ein Stones-Fan, der ganz sicher geht, dass man ihn als solchen erkennt
Noch ein Stones-Fan, der ganz sicher geht, dass man ihn als solchen erkennt © HA | Marcelo Hernandez
JJ Julius Son von der Band Koleo steht am Sonnabend auf der Bühne im Stadtpark – die Isländer eröffnen das Open-Air-Konzert der Rolling Stones
JJ Julius Son von der Band Koleo steht am Sonnabend auf der Bühne im Stadtpark – die Isländer eröffnen das Open-Air-Konzert der Rolling Stones © Reuters | Morris MacMatzen
Vorfreudige Stones-Fans im Publikum
Vorfreudige Stones-Fans im Publikum © HA | Marcelo Hernandez
Die riesige Bühne des Open-Air-Konzerts der Rolling Stones
Die riesige Bühne des Open-Air-Konzerts der Rolling Stones © HA | Marcelo Hernandez
Einige Fans haben sich mächtig in Schale geworfen für die Stones
Einige Fans haben sich mächtig in Schale geworfen für die Stones © HA | Marcelo Hernandez
Schon am späten Nachmittag waren die Zugänge zum Konzertareal gut gefüllt
Schon am späten Nachmittag waren die Zugänge zum Konzertareal gut gefüllt © HA | Marcelo Hernandez
Fans auf dem Weg zum Konzert
Fans auf dem Weg zum Konzert © HA | Marcelo Hernandez
Ein mutmaßlich ironisch gemeintes Shirt an einem Stones-Gast
Ein mutmaßlich ironisch gemeintes Shirt an einem Stones-Gast © HA | Marcelo Hernandez
Lastwagen blockieren die Straße: Eine Sicherheitsmaßnahme
Lastwagen blockieren die Straße: Eine Sicherheitsmaßnahme © HA | Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Manche Besucher rocken gleich selbst, so wie dieser Stones-Fan.
Manche Besucher rocken gleich selbst, so wie dieser Stones-Fan. © Marcelo Hernandez
Noch gibt es die ein oder andere Karte vor dem Gelände.
Noch gibt es die ein oder andere Karte vor dem Gelände. © Marcelo Hernandez
Auch für dringende Bedürfnisse ist im Stadtpark gesorgt.
Auch für dringende Bedürfnisse ist im Stadtpark gesorgt. © Marcelo Hernandez
Die Sicherheitskräfte sorgen für einen reibungslosen Ablauf. Die Bestimmungen werden penibel eingehalten.
Die Sicherheitskräfte sorgen für einen reibungslosen Ablauf. Die Bestimmungen werden penibel eingehalten. © Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Das passende Outfit darf bei vielen Fans in Arena im Stadtpark nicht fehlen.
Das passende Outfit darf bei vielen Fans in Arena im Stadtpark nicht fehlen. © Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark.
Die Fans der Stones auf dem Weg zur Arena im Stadtpark. © Marcelo Hernandez
Auf dem Gelände wird es langsam voller.
Auf dem Gelände wird es langsam voller. © Alexander Schuller
Trotz des schlechten Wetters ist die Stimmung gut..
Trotz des schlechten Wetters ist die Stimmung gut.. © Alexander Schuller
Die Rückansicht der Bühne.
Die Rückansicht der Bühne. © HA | Genevieve Wood
Vom Café aus gibt es zumindest ein Stück der Stones zu sehen.
Vom Café aus gibt es zumindest ein Stück der Stones zu sehen. © HA | Genevieve Wood
Lange Schlangen haben sich an den Cateringständen gebildet
Lange Schlangen haben sich an den Cateringständen gebildet © HA | Alexander Schuller
Lange Schlangen haben sich an den Cateringständen gebildet
Lange Schlangen haben sich an den Cateringständen gebildet © HA | Alexander Schuller
Gute Stimmung auch im Biergarten hinter der Bühne
Gute Stimmung auch im Biergarten hinter der Bühne © HA | Genevieve Wood
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Auch die Fraktion Die Linke will an Yvonne Nische festhalten. „Wir halten Frau Nische für sehr geeignet, die Bezirksamtsleitung zu übernehmen“, sagt die Vorsitzende Karin Haas. „Es wäre bedauerlich, wenn es durch die aktuellen Ermittlungen nicht dazu käme.“

Zwei von sieben Bezirken ohne Leitung

Die CDU-Bezirksfraktion, die aus politischen Gründen bei der Bezirksamtsleiterwahl Nisches Gegenkandidatin unterstützt hatte, verweist ebenfalls auf die Unschuldsvermutung. „Ich halte Yvonne Nische in ihrer bisherigen Funktion für eine hervorragende Beamtin“, sagt der Fraktionsvorsitzende, Andreas Schott. „Da in unserem Land eine Unschuldsvermutung gilt, werden wir den Vorgang bewerten, wenn ein etwaiges Verfahren abgeschlossen ist.“ Bis dahin bestehe kein Zweifel, dass das Bezirksamt durch den stellvertretenden Bezirksamtsleiter Tom Oelrichs gut geführt werde.

Claus-Joachim Dickow, Sprecher der FDP-Gruppe in Hamburg-Nord, will ebenfalls den Ausgang der Ermittlungen abwarten. „Wenn sich herausstellt, dass keine Straftat vorliegt, gibt es rechtlich keinen Grund, Frau Nische nicht zu ernennen“, so der Anwalt. „Sollte es zu einer Geldstrafe kommen, könnte sie auf ihrem jetzigen Posten bleiben, weil es kein politisches Amt ist. Ein Bezirksamt könnte sie dann aber nicht glaubwürdig leiten.“

In Hamburg sind derzeit zwei von sieben Bezirken ohne Leitung: In Harburg steht die Große Koalition vor einer Zerreißprobe. Hier können sich SPD und CDU nicht auf einen Kandidaten einigen.