Hamburg. Am 1. Juli übernimmt Yvonne Nische das Amt der Bezirksamtsleiterin. Nord soll modern, stark und lebenswert sein. Wer sie ist.

Dunkler Hosenanzug, hohe Absätze, ein Tuch lässig um den Hals geschlungen und die Brille im hellen Haar – Yvonne Nische, Hamburg-Nords derzeitige Sozialdezernentin und Bezirksamtsleiterin in spe, macht einen eleganten Eindruck. Dass sie etwas bewegen wird im Bezirk, kann man sich gut vorstellen, wenn man sie mit energischen Schritten über den Flur im dritten Stock des Bezirksamts gehen sieht. Mit Terminplaner, Mobiltelefon und Schlüsselbund in der Hand, steuert sie auf Raum 310 zu.

Der Raum ist gut gewählt: An der Wand hängt eine große Karte von Hamburg-Nord. Außerdem liegt er gegenüber dem Büro, in das sie am 1. Juli einziehen wird. Noch sitzt dort Harald Rösler, der Ende Juni aus Altersgründen aus dem Amt scheidet. Nach Nisches Wahl am vergangenen Donnerstag hatte er betont, wie sehr er sich über seine Nachfolgerin freut, die er für überaus kompetent hält.

Der Bezirk soll „modern, stark und lebenswert“ sein

Tatsächlich bringt die 52-Jährige jede Menge Sachverstand und Erfahrung mit. Als Kind süddeutscher Eltern, die sehr viel umzogen, wurde sie in Holland geboren und wuchs in Rellingen auf. Als junge Erwachsene zog sie nach Barmbek. „Seitdem fühle ich mich diesem Bezirk verbunden“, sagt Nische, die heute in Ohlstedt lebt. Nachdem sie sich wegen der damaligen Lehrerschwemme von ihrem eigentlichen Plan, Lehrerin zu werden, Abstand genommen hatte, studierte sie an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und machte dort ihren Abschluss als Diplomverwaltungswirtin. Ein späteres, berufsbegleitendes Studium der Erziehungswissenschaften, Rechtswissenschaften und Psychologie schloss sie mit dem Magister ab. Den Entschluss, in der Verwaltung zu bleiben, traf sie bewusst. „Gerade in einem Stadtstaat wie Hamburg hat man in der Verwaltung viele Möglichkeiten mitzugestalten.“

Und die hat sie genutzt. Nach einer ersten Station in der Landesversicherungsanstalt folgte der Sprung in die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, wo sie in 16 Jahren verschiedene Funktionen innehatte. So wirkte sie 2001 an der Rentenreform mit und stellte später Weichen in Sachen Familienfreundlichkeit – unter anderem durch das „Familiensiegel“ für Betriebe und die Infobörse Hamburger Familientag.

Fokus auf Wohnungsbau, Mobilität, Bildung und Sport

2005 baute sie das Fachamt für Sozialraummanagement im Bezirk Mitte auf. „Das war spannend“, findet sie. „Wir bekamen Wilhelmsburg als neuen Stadtteil hinzu, wirkten an der Bildungsoffensive Elbinsel mit und unterstützten Stadtteilprojekte wie die ­HipHopAcademy in Billstedt.“ Fünf Jahre später wechselte sie ins Fachamt für Soziales, Jugend und Gesundheit in Nord. 2012 hatte sie dort zum ersten Mal mit der Unterbringung von Flüchtlingen zu tun, als am Alsterberg in Fuhlsbüttel Häuser neu belegt wurden. Ab 2015 stand sie regelmäßig bei Infoveranstaltungen zu neuen Unterkünften in der ersten Reihe. „Es ist mir wichtig, die Bürger mit ihren Anliegen einzubinden“, antwortet sie auf die Frage, wie es ihr gelang, auch angesichts wütender Teilnehmer stets ruhig zu bleiben.

Für die Vernetzung von Ehrenamtlichen zu sorgen, runde Tische ins Leben zu rufen und finanzielle Mittel für die Flüchtlingshilfe aufzutreiben – das kam on top zu dem, um das sie sich mit ihren 550 Mitarbeitern normalerweise kümmert: Kinderschutz, Erziehungsberatung, das Jugendamt und die Jugendberufsagentur, für die Yvonne Nische federführend für den Part des Bezirks verantwortlich ist. Auch das Gesundheitsamt, die Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen, die Stadtteilkultur, das Sportstättenmanagement und die Förderung der Stadtteilentwicklung gehören in ihren Bereich.

Als Bezirksamtsleiterin werde sie sich „für einen modernen, starken und vor allem lebenswerten Bezirk Hamburg-Nord engagieren“, sagt Yvonne Nische. Es reize sie, die „Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik“ zu sein. Neben ihrer Berufserfahrung käme ihr dabei ihr Interesse an politischem Diskurs, an den Diskussionen mit den Bürgern und daran, in Konfliktsituationen Kompromisse zu finden, zugute. Einen Fokus wird sie außer auf Wohnungsbau, Mobilität, Bildung und Sport-Infrastruktur auch auf ein Bezirksamt mit guten Dienstleistungen für die Bürger legen. Angesichts der vielen erfahrenen Mitarbeiter, die in naher Zukunft in den Ruhestand gingen, sei das eine große Herausforderung. „Wir müssen als Arbeitgeber besonders für junge Menschen attraktiv sein“, sagt sie.

Auch hier wird die Mutter zweier erwachsener Kinder Erfahrung einbringen können. Dass ihr künftig weniger Zeit für die Familie bleiben wird, weiß sie. Kraft schöpfen wird sie abends beim Essen, das ihr Mann kocht, bei der Gartenarbeit oder auf gemeinsamen Reisen.