Hamburg. Hamburger Traditionsreederei fusioniert mit UASC. Qatar und Saudi-Arabien werden größte Anteilseigner. Der Weg zur Einigung war schwer.

Die Erleichterung ist ihm anzusehen. Mit geöffnetem Hemdkragen und lächelnd betritt der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, den Konferenzraum der Unternehmenszentrale am Ballindamm. Mit Schwung wirft er sich auf einen Stuhl und teilt das Ergebnis seiner mühsamen Arbeit in den vergangenen Monate mit: Hapag-Lloyd hat den Zusammenschluss mit der arabischen Reederei United Arab Shipping Company (UASC) endgültig unter Dach und Fach gebracht. „Die Fusion ist beschlossen“, sagt Habben Jansen der erst am Morgen mit dem Flugzeug aus Dubai zurückgekehrt ist.

Zusammen sind die beiden Partner nun die Nummer fünf unter den weltweiten Containerreedereien. „Dem Umsatz nach sind wir sogar die Nummer vier“, sagt der Konzernchef.

Hauptsitz bleibt in Hamburg

Hapag-Lloyd bleibt trotz der Fusion ein in Deutschland registriertes, börsennotiertes Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Der Weg zu der Einigung war aber schwer: Im Juni vergangenen Jahres hatte Hapag-Lloyd die Absicht bekanntgegeben, seine Containerschifffahrt mit der der Araber zusammenlegen zu wollen. Bis März dieses Jahres sollte das Geschäft unter Dach und Fach sein. Doch immer wieder kam es zu Verzögerungen, weil insbesondere zahlreiche Banken auf arabischer Seite Bedenken hatten. „Vielleicht waren wir am Anfang einen Tick zu optimistisch“, sagt Habben Jansen.

Am Ende seien es die komplexesten Verhandlungen gewesen, die er in seiner Karriere geführt hat. „Wir haben die Zustimmung von 39 Banken gebraucht. Von denen viele mit der Schifffahrt nicht besonders vertraut gewesen sind.“ Für viele sei es der Erstkontakt mit Hapag-Lloyd gewesen. 15 bis 20 Mal sei er selber hingeflogen, um mit den Arabern direkt zu verhandeln.

Schließlich dürfte sich bei Habben Jansens Gesprächspartnern die Erkenntnis durchgesetzt haben, die er selbst von Anbeginn hatte: Der Zusammenschluss ist alternativlos. Alleine würden beide Reedereien ihre Marktposition nicht erhalten können. Insbesondere die UASC, derzeit nur Nummer 12 unter den weltgrößten Reedereien, stand in Gefahr, von anderen Branchenriesen geschluckt zu werden. „Größe ist wichtig in dieser Branche“, sagt Habben Jansen.

Hapag-Lloyd erhofft sich große Einsparungen

Die Containerschifffahrt leidet seit Jahren unter hohen Überkapazitäten und sinkenden Frachtraten. Daher versuchen die Unternehmen, durch Zusammenschlüsse und Allianzen die Kosten zu senken. Von der Fusion mit der United Arab Shipping Company (UASC) mit Sitz in Kuwait erhoffen sich die Hanseaten hohe Einsparungen, um gegen die harte Konkurrenz in der Schifffahrtskrise zu bestehen. "Wir erwarten jährlich Synergien von 435 Millionen Dollar“, sagt der Hapag-Lloyd-Chef. Das wären umgerechnet mehr als 387 Millionen Euro. Ein guter Teil dieser Einsparungen soll bereits 2018 realisiert werden, die volle Summe erstmals 2019.

Kommentar: Hapags Zwang zur Größe hat einen hohen Preis

Aus Sicht von Hapag-Lloyd ist der Zusammenschluss noch aus einem anderen Grund äußerst wichtig: Die Hamburger Traditionsreederei ist zwar sehr modern, hat aber bei dem Wettlauf um die allergrößten Containerschiffe nicht mitgemacht. Durch die Fusion fallen dem Schifffahrtsunternehmen vom Ballindamm sechs UASC-Megafrachter mit einer Kapazität von 19.000 Standardcontainern (Twenty-foot Equivalent Unit, TEU) zu. Insgesamt wird die gemeinsame Flotte 230 Schiffen mit einer Kapazität von rund 1,6 Mio. TEU umfassen. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 7,2 Jahren. „Damit haben wir die jüngste Flotte von allen großen Reedereien. Das macht sie günstig im Treibstoffverbrauch und erhöht unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Habben Jansen.

Bis zu 15 Prozent der Arbeitsplätze fallen weg

Der Reedereichef verspricht sich zudem ein ausgewogenes Angebot an Fahrtgebieten für die Kunden. „Wir verfügen künftig nicht nur in Lateinamerika und auf dem Atlantik über eine ausgesprochen starke Marktposition, sondern auch im Mittleren Osten, wo wir zu einem der führenden Anbieter werden.“ Für die Region Naher Osten wird eine neue Regionalzentrale in Dubai eingerichtet. Die Mengenaufkommen seien auf den Fahrtgebieten jedes Jahr unterschiedlich hoch. „Es ist deshalb wichtig, nicht nur auf einem Bein zu stehen.“

Der Preis den die beiden Partner für die ganzen Vorzüge zahlen müssen ist hoch: Bei den zehn- bis elftausend Mitarbeitern an Land sollen in den kommenden zwei Jahren rund 10 bis 15 Prozent der Arbeitsplätze wegfallen. Er rechne am Stammsitz in Hamburg zwar nicht mit betriebsbedingten Kündigungen, sagt Habben Jansen. Ausschließen will er sie aber nicht.

Zudem bringen beide als Mitgift hohe Verbindlichkeiten mit in die Ehe: Die Nettoverschuldung des Gemeinschaftsunternehmens liegt bei 7,2 Milliarden Dollar (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro). Diese soll bis Ende Oktober durch eine Kapitalerhöhung um 400 Millionen Dollar abgesenkt werden. „Jetzt geht es darum, die Ergebnisse zu verbessern und Schulden abzubauen“ so Habben Jansen.

CSAV ist zweitgrößter Anteilseigner

Drittens verschieben sich erneut die Machtverhältnisse in dem einst rein deutschen Konzern: 2014 hatte schon die chilenische Compañía Sudamericana de Vapores (CSAV) ihre Containersparte bei Hapag-Lloyd eingebracht. Nach der Fusion hat Hapag-Lloyd hat Anteilseigner aus Deutschland, Chile, Katar und Saudi-Arabien.

Größter Miteigentümer sind die Araber, die zusammen 28,1 Prozent bekommen. Darunter sind Quatar mit 14,1 Prozent, Saudi-Arabien mit 10,1 Prozent, sowie Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sowie Bahrain mit 3,6 Prozent.

Zweitgrößter Anteilseigner ist die chilenische CSAV mit 22,6 Prozent, gefolgt von der Stadt Hamburg mit 14,8 und dem Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne mit 14,6 Prozent. Alteigentümer TUI hält noch 9 Prozent an Hapag Lloyd. Die restlichen 10,9 Prozent des Unternehmens werden an der Börse gehandelt.

Tschentscher erfreut, CDU und FDP weniger

Mit der Fusion werde es noch besser gelingen, Hapag-Lloyd dauerhaft einen Platz an der Spitze der weltweit operierenden Containerreedereien zu sichern“, sagte Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). „Die Hamburger Traditionsreederei erhält damit auch Zugriff auf die nächste Generation sehr großer und effizienter Containerschiffe, ohne diese selbst erwerben zu müssen.“

Weniger erfreut zeigte sich Michael Westenberger, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Was sich hier abzeichnet, ist die Entstehung von systemimmanenten Konzernen, die immer größer werden und wenn dann doch die Pleite erfolgt immer mehr Arbeitsplätze mit sich reißen", sagte Westenberger. "Mit der Fusion geht der maritime Ausverkauf in Hamburg geht weiter und der Senat schaut konzeptlos dabei zu."

Mahnend äußerte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse: „Nachdem Hapag-Lloyd über drei Kontinente fusioniert wurde, sollte Bürgermeister Olaf Scholz endlich einen Zeitplan für den von ihm versprochenen Ausstieg der Stadt Hamburg aus Hapag-Lloyd präsentieren.“