Hamburg. Der dänische Konzern Maersk besiegelt den Kaufvertrag mit Oetker – Betriebsrat spricht von „riesengroßer Verunsicherung“.

Es wurde bis in den späten Abend im Konferenzraum im ersten Stock der Unternehmenszen­trale von Hamburg Süd an der Willy-Brandt-Straße verhandelt, dann war der Verkauf besiegelt. Der dänische Konzern A.P. Møller-Maersk übernimmt die Hamburger Reederei von der Bielefelder Familiengruppe Oetker. Der Kaufvertrag sei am Dienstag unterschrieben worden, erklärten beide Seiten in einer dürren Mitteilung. Dieser Vertrag soll in den nächsten Wochen durch die Aufsichtsorgane und die Gesellschafter beider Gruppen geprüft und genehmigt werden. Dann werden auch Details veröffentlicht. Vorbehaltlich der Zustimmung der relevanten Kartellbehörden soll das Geschäft bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Mehr verlautete nicht, und mehr wissen auch die 6000 Beschäftigten von Hamburg Süd nicht, davon rund 1100 in der Hamburger Unternehmenszentrale. Denn obgleich das Geschäft in ihrem Haus abgeschlossen wurde, waren die Arbeitnehmervertreter der Reederei zu keinem Zeitpunkt in die Verhandlungen eingebunden. „Wir wissen nichts Genaues. Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist riesengroß“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Sabine Fischbach nach der Bekanntgabe dem Abendblatt.

Bislang keine Angaben zum Kaufpreis

Und mit dieser Verunsicherung lebt Hamburg Süd schon seit drei Monaten. Oetker und Maersk hatten bereits im vergangenen Dezember einen Vorvertrag unterzeichnet. Zum Kaufpreis wurden bislang keine Angaben gemacht. Schätzungen zufolge muss Maersk für die 1871 gegründete Hamburg Süd fast fünf Milliarden US-Dollar (4,7 Milliarden Euro) bezahlen. VesselsValue schätzt den Wert allein der 44 eigenen Schiffe umfassenden Flotte inklusive Neubauaufträge auf 1,4 Milliarden Dollar.

„Uns wurde seit Bekanntgabe der Verkaufsabsicht immer nur gesagt, dass lediglich der Komplementär wechselt, für die Belegschaft ändere sich nichts. Aber wer soll das glauben?“, fragt Fischbach. Die Geschäftsleitung weigere sich, grundsätzlichen Forderungen stattzugeben. „Eine Arbeitsplatzgarantie ist uns gegenüber bislang abgelehnt worden. Und nicht einmal einjähriger Bestandsschutz für den Fall des Betriebsübergangs besteht“, so Fischbach. Dieses sieht das Gesetz nicht vor, wenn lediglich der Eigentümer wechselt.

Auf das Auf und Ab der Märkte flexibel reagieren

Ende Februar hatte die Belegschaft dem Vorsitzenden des Beirats der Oetker-Gruppe, August Oetker, einen Brief überreicht. Darin bat sie ihn, in den Übernahmevertrag eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2020 aufzunehmen. Seine Antwort war ablehnend: Arbeitsplatzgarantien habe es in der Vergangenheit bei der Oetker-Gruppe auch nicht gegeben, um in der Lage zu sein, auf das Auf und Ab der Märkte flexibel reagieren zu können. Dabei sei selbstverständlich der gesetzliche Kündigungsschutz beachtet worden, und der gelte weiterhin.

Der Chef von Maersk, Søren Skou, hat aber bereits deutlich gemacht, dass er substanzielle Synergieeffekte aus der Übernahme erwartet. Die ergeben sich in der Regel über Einsparungen. Diese werden schon allein in den Fahrplänen notwendig, weil es Überschneidungen zwischen Maersk und Hamburg Süd in einigen Diensten gibt.

Es handelt sich nicht um einen Notverkauf

Sparen ist auch die grundsätzliche Intention für den Verkauf von Hamburg Süd. Containerreedereien hadern seit Jahren mit Überkapazitäten und sinkenden Frachtpreisen. Fast alle Unternehmen schreiben rote Zahlen und suchen in Allianzen oder Fusionen die Rettung. Wegen der Konsolidierung trennt sich auch der Bielefelder Oetker-Konzern nach 80 Jahren von seiner Schifffahrtssparte. Um bei der Konsolidierung Schritt zu halten, hätten die Hamburger weiteres Kapital gebraucht, lautete die Begründung. „Dies würde den Risikoausgleich innerhalb der Oetker-Gruppe empfindlich stören“, teilte die Familie im Dezember mit. Der Geschäftsführer der Reederei, Ottmar Gast, sagte dazu dem Abendblatt: „Wir haben kurzfristig keinen wirtschaft­lichen Druck, sehen allerdings mittelfristig durchaus die Notwendigkeit zum Handeln. Hamburg Süd muss mit Blick auf die Branchenentwicklung Teil eines größeren Gebildes werden – daran führt kein Weg vorbei.“ Zugleich machte er aber deutlich, dass es sich um keinen Notverkauf handele. Schließlich habe Hamburg Süd im Vergleich zu Konkurrenten über den gesamten Zeitraum der vergangenen acht Krisenjahre keinen Verlust gemacht.

Unterdessen hat die Integration von Hamburg Süd in den Branchenführer aus Dänemark längst begonnen: Anfang Februar gaben die Hamburger bekannt, dass ihre gebuchte Ladung im Asien-Europa-Verkehr vom 1. April an von Maersk transportiert wird. Hamburg Süd betreibt keine eigenen Schiffe zwischen Asien und Europa. Bisher wurden die Container von der arabischen UASC transportiert.

Erste Mitarbeiter haben aus dem angekündigten Eigentümerwechsel ihre Konsequenzen gezogen: „Einige lang gediente Mitarbeiter von Hamburg Süd haben gekündigt“, sagt Betriebsratschefin Fischbach. Viele würden aber noch abwarten, wie es mit ihrem Unternehmen weitergeht.