Hamburg. 60 Minuten begleitet das Abendblatt einen Hamburger an seinem Arbeitsplatz. Teil 8, 7–8 Uhr: Bäckereifachverkäuferin Jana Kordts.

Morgens um 7 ist die Welt schon in Ordnung. Und wie! Die Brote, ob schwarz, ob grau oder eher blond, liegen in Reih und Glied, die unterschiedlichen Brötchen sind in Körbe sortiert, die Franzbrötchen locken direkt am Glastresen, ebenso wie unterschiedliche Kuchen, die belegten Schnitten und Brötchenhälften, daneben die Säfte. Und der Kaffeeautomat läuft zuverlässig. Alles klar, die ersten Kunden können kommen.

Es ist das Werk von Jana Kordts und ihrer Kollegin Melanie Anders, die eine Stunde zuvor in der Bäckerei Dat Backhus an der Blankeneser Bahnhofstraße mit ihrer Arbeit begonnen haben. Sie haben die frisch gebackenen Brote und Brötchen in die Auslagen geräumt, sie haben Teiglinge in den Ofen verfrachtet, die dort vor Ort gebacken werden, sie haben Brot und Brötchenhälften zu­bereitet und belegt – und alles ver­lockend in den Auslagen präsentiert. Und der Kaffee? Die Mitarbeiterinnen sind von einem professionellen Barista ausgebildet, der ihnen die hohe Schule der Kaffeezubereitung beigebracht hat.

Was übrig bleibt, liefert die Bäckerei an die Tafeln

Kaum werden die Türen der Filiale pünktlich um 7 Uhr geöffnet, kommen die ersten zwei Kunden, beides Männer mittleren Alters, in sportlicher Kleidung und mit Fahrradhelm auf dem Kopf, die sich auf dem Weg zur Arbeit mit Brötchen eindecken. „Guten Morgen. Was darf es Schönes sein?“, begrüßt Jana Kordts die Kunden lächelnd, verpackt die ausgewählten Brötchen, belegt jeweils mit Fleischsalat, Schnittkäse und hart gekochtem Ei, in Tüten. Und fragt später: „Haben Sie sonst noch einen Wunsch?“ Diese beiden nicht.

Doch ein anderer, etwas später dran und offenbar zum Scherzen aufgelegt, entgegnet nebulös: „Ja, aber den können Sie mir nicht erfüllen.“ Kordts bleibt gelassen. „Solche Antworten bekommen wir öfter. Manche sagen auf die Frage auch: „Einen Sechser im Lotto“ oder: „Einen Sack voller Geld“, sagt die 24-Jährige lachend.

Seit vier Jahren arbeitet die Bäckerei-Fachverkäuferin bei Dat Backhus, und es ist offensichtlich, dass die junge Mutter ihren Beruf wirklich mag. „Ich habe jeden Tag mit vielen Menschen zu tun, mit einem netten Team und freundlichen Kunden“, sagt Kordts. „Und ich esse gern. Das kommt mir in diesem Beruf zugute.“ Als Filialleiterin hat sie neben Verkauf und Warenpräsentation weitere Arbeitsbereiche zu erledigen wie Personalplanung, Bestellungen der Ware von Kaffeepulver bis Brötchen – und das im Idealfall in genau den Mengen, dass täglich der Abverkauf möglichst des gesamten Bestandes klappt. Was übrig bleibt, liefert Dat Backhus an die Tafeln, die die Brote, Brötchen und Kuchen abends abholen und an Obdachlose verteilen.

Bis dahin dauert es jedoch noch viele Stunden, in denen Jana Kordts immer wieder dick gefütterte Handschuhe überstreift und Teiglinge in den Ofen schiebt oder fertig frisch gebackene herausholt, um für Nachschub bei den Brötchen zu sorgen. Und ihre Kollegin fertigt in bewundernswertem Tempo Mengen frisch belegter Brote.

Schon in der Zeit von Geschäftsöffnung bis 8 Uhr werden zahllose Brötchen und Brote sowie etliche Becher Kaffee in allen möglichen Variationen über den Tresen verkauft. „Käffchen, Brötchen, Zeitung – so muss es sein!“ Für Michael Führer ist das sein allmorgendliches Ritual. Der Immobilienmakler, der in der Nähe arbeitet, bevorzugt das Frühstück beim Bäcker gegenüber der heimischen Küche. „Das sieht hier alles so verlockend aus“, sagt der 49-Jährige und meint damit nicht nur sein Lieblingsbrot, ein Schwarzbrot belegt mit Rührei und Schinken. Dazu, dass er gern herkommt, trägt auch das maritime Ambiente bei, das in der Blankeneser Filiale von Dat Backhus vorherrscht, viel Weiß und Hellblau wie auch Dekoration, die an Strand und Meer erinnert.

Michael Führer, Immobilienkaufmann, kommt regelmäßig zum Frühstück vorbei
Michael Führer, Immobilienkaufmann, kommt regelmäßig zum Frühstück vorbei © HA | Klaus Bodig

Die Kunden, die schon vor ihm gekommen sind, gehören zu den Stilleren. An einem Tisch in einer Ecke, mit Blick durch die große Fensterscheibe auf die Straße gerichtet, hat es sich eine Dame gemütlich gemacht. Sie trinkt ihren Kaffee in aller Ruhe und offenbar in Gedanken versunken, ebenso wie der Herr, der sich vor der Tür an einen Zweiertisch gesetzt hat. Die aufgeschlagene Zeitung vor ihm ignoriert er, sein Blick geht in die Ferne. Eine Joggerin, das Gesicht noch ganz gerötet vom Laufen und die Kopfhörer weiterhin über den Ohren, teilt den Verkäuferinnen überwiegend mit Gesten mit, was sie wünscht.

Da ist der Junge, etwa acht Jahre alt, der sich für eine Tüte Quarkinis entscheidet, nach langem Überlegen und einer Beratung von Jana Kordts. „Die sind so ähnlich wie Berliner, nur ungefüllt, aber dafür fluffiger durch den Quark im Teig“, hat die Bäckereifachverkäuferin dem jungen Kunden erklärt.

Alexandra von Oven aus Othmarschen und in Blankenese unterwegs, weil sie hier einen Arzttermin hat, erzählt, dass sie regelmäßig hier kauft. „Ich habe eigentlich gar kein Lieblingsbrot“, erzählt die 35-Jährige. „Dinkel, Bauernbrot, Mehrkorn, das schmeckt alles super.“

Ähnlich sieht das auch Gudrun Schittek, die jeden Wochentag über die Elbe kommt und hier beim Bäcker einkauft. „Ich wohne in Cranz und komme mit der Fähre her“, sagt die Ärztin, die in Blankenese ihre Praxis hat. Mit drei Tüten Brötchen unter dem Arm verlässt sie die Bäckerei. Genug für ihr Team – und für einen langen Tag.