Hamburg. Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan setzt auf Nachhaltigkeit. Bewerbungsgesellschaft informiert sich beim IOC.

Olympische und Paralympische Sommerspiele 2024 oder 2028 in Hamburg sollen neue Maßstäbe der Bescheidenheit und Nachhaltigkeit setzen. Nur dann habe die Stadt eine Chance, im Wettbewerb mit Metropolen wie Paris oder Rom den Zuschlag des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu erhalten, sagt Hamburgs Grüner Umweltsenator Jens Kerstan: „Wer gewinnen will, muss mit Ideen und Einzigartigkeit punkten. Wir wollen zeigen, dass die Nachhaltigkeit, ökologisch, ökonomisch und sozial den Ausschlag geben kann für Hamburgs Erfolg.“ Die Umweltbehörde hat jetzt erste Eckpunkte eines entsprechenden Bewerbungskonzptes vorgestellt, das bis September weiterentwickelt wird.

Die „OlympicCity“ auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook könnte nach diesen Vorstellungen Maßstäbe für energieeffizientes Bauen setzen, für innovative Energiekonzepte mit Gründächern und modernem Abfallmanagement. Nach den Spielen soll hier „ein lebendiger Stadtteil“ für rund 10.000 Bewohner unterschiedlicher Herkunft entstehen – mit Migranten, Studenten und jungen Unternehmen. Der Autoverkehr würde auf zweispurigen Straßen auf das Nötigste beschränkt. Hauptverkehrmittel soll das Fahrrad werden.

Olympische Spiele in Hamburg sollen klimaneutral sein, zusätzliche CO2-Emissionen vermieden werden. Wo diese unumgänglich sind, muss es Kompensationen geben, möglicherweise in Form einer Klimataxe, mit deren Hilfe zusätzliche Umweltbelastungen abgefedert werden, fordert Kerstan.

Während der Spiele soll die Innenstadt weitgehend autofrei bleiben. Das sieht auch das Mobilitätskonzept der Wirtschaftsbehörde vor, das auf der siebten Stadtwerkstatt zu Olympia präsentiert wurde. Jede der insgesamt 10,5 Millionen Eintrittskarten für Olympische und Paralympische Spiele ist zugleich ein Fahrschein für den öffentlichen Nahverkehr. An den Sportstätten soll es nur wenige Parkplätze geben, die meisten Stadien und Hallen lägen ohnehin fußläufig zu den dann barrierefreien U- und S-Bahn-Stationen. Wo diese Haltestellen weiter entfernt sind, könnten Shuttlebusse fahren. Um die erwarteten Besucherströme von bis zu einer halben Million Fahrgästen pro Tag zu bewältigen, sollen vor allem die Knotenpunkte Harburger Bahnhof, Hauptbahnhof und Berliner Tor bedarfsgerecht modernisiert werden.

Bei allen olympischen Aufwendungen sollen Kriterien der nachhaltigen Beschaffung berücksichtigt werden, um Rohstoffe und Ressourcen zu sparen und soziale Ausbeutung zu verhindern. Auf Arbeitsbedingungen und Tariflöhne soll auch weltweit bei Sponsoren und Lieferanten geachtet werden.

Welch großen Wert das IOC heute auf Nachnutzung und Nachhaltigkeit legt, erfuhren Nikolas Hill, Geschäftsführer der Hamburger Bewerbungsgesellschaft, und Stell­vertreter Bernhard Schwank bei ihrem zweitägigen Besuch am IOC-Sitz in Lausanne. Zur Delegation gehörten IOC-Mitglied Claudia Bokel, ehemalige Fechtweltmeisterin, und Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes. Bei dem Arbeitstreffen ließ sich auch IOC-Präsident Thomas Bach das Hamburger Konzept erläutern. Es stieß nach Einschätzung von Hill und Schwank „auf Neugier und starkes Interesse“. Am 16. September, einen Tag nach Bewerbungsschluss für 2024, will das IOC den überarbeiteten Standardvertrag mit den Gastgeberstädten veröffentlichen. Das Werk wurde von Kritikern zuletzt als „Knebelvertrag“ bezeichnet. Es ist mittlerweile in wesentlichen Teilen verändert, verständlicher verfasst und gekürzt worden. Die 128. IOC-Session Ende Juli in Kuala Lumpur (Malaysia) muss dem neuen Papier noch zustimmen.

Der Bund will nur dann die beschlossenen 30 Millionen Euro für die Bewerbung komplett zahlen, wenn die nationale Wirtschaft nicht bis 2017 die zugesagten 25 Millionen beibringt. Die erste Tranche des Bundes von zehn Millionen Euro fließt im Juli. Bisher hat die Hamburger Kampagne rund 6,5 Millionen Euro gekostet.