Hamburg. Nabu-Chef kritisiert die Unternehmen wegen ihres Ultimatums im Streit um die Hamburger Olympiapläne. Alexander Porschke im Interview.
Im Streit um die Nutzung von Hafenflächen für die Hamburger Olympiabewerbung hatte die Wirtschaft zuletzt die Fronten klargestellt. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) übersandte dem Senat einen Forderungskatalog, verbunden mit einem Ultimatum über rechtsverbindliche Zusagen bis Mitte September. Während die SPD sich auf ihrer Klausurtagung am Wochenende darauf verständigte, im Olympiastreit auf die Hafenunternehmen zuzugehen, warnt der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Hamburg, Alexander Porschke, davor. Der Senat dürfe nicht auf das Ultimatum eingehen sagt Porschke im Abendblatt.
Hamburger Abendblatt: Sie schalten sich in den Streit zwischen der Hafenwirtschaft und der Politik ein. Warum tun Sie das als Naturschutzbund?
Alexander Porschke: Weil wir die Anwälte für die Nachhaltigkeit bei der Olympiabewerbung und der Stadtentwicklung sein wollen. Wir haben dem Abendblatt entnommen, dass die Hafenwirtschaft der Stadt ein Ultimatum, verbunden mit diversen Forderungen, gestellt hat. Das halten wir für einen Anschlag auf die Stadtentwicklung, die Stadtkasse und auch auf die Olympiabewerbung. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg will hier seine Blockademacht vergolden und Weichenstellungen zum Nachteil der Stadt herbeiführen.
Inwiefern?
Porschke: Die Stadt hat das Grundeigentum am Hafen, nicht die Betriebe. Sie hat es vernünftigerweise deshalb nie aus der Hand gegeben, weil sie selbst Strukturveränderungen und Entwicklungen beeinflussen möchte. Die Stadt verfolgt das langfristige Ziel des „Sprungs über die Elbe“, das nicht aufgegeben werden sollte. Sie hat eine Bauausstellung organisiert und die Internationale Gartenschau. Um eine echte Binnenwirkung zu entfalten, fehlt aber noch ein Bindeglied zwischen der Veddel und der HafenCity. Und das ist die Stadtentwicklung im Bereich Überseezentrum/Kleiner Grasbrook. Dieses Konzept des Sprungs über die Elbe ließe sich wunderbar mit der Olympiabewerbung verbinden.
Die Hafenwirtschaft soll also sehen, wo sie bleibt?
Porschke: Keinesfalls. Um jedes Missverständnis auszuräumen: Selbstverständlich sollen Unternehmen, die verlagert werden müssen, angemessen entschädigt werden. Der Forderungs-katalog der Hafenwirtschaft geht aber weit darüber hinaus. Sie tut so, als habe sie einen Anspruch auf diese Flächen und fordert, dass alle Leistungen, die für die Verlagerung erbracht werden, für die Katz sind, wenn sich das Internationale Olympische Komitee für einen anderen Bewerber entscheidet. Dann will die Hafenwirtschaft die frei geräumten Flächen nämlich zurückhaben. Das wäre doch eine unglaubliche Verschwendung von Steuergeld.
Wieso?
Porschke: Die Stadt hat in den letzten zehn Jahren schon rund 300 Millionen Euro für Abfindungen zum Zwecke von Betriebsverlagerungen im Hafen gezahlt. Und auch für Verlagerungen wegen Olympia werden hohe Millionensummen fällig. Dann kann es doch nur im Interesse der Stadt sein, wenn die freien Flächen anschließend hochwertig für Wohnungsbau genutzt werden, und nicht für einen Appel und ein Ei an die Hafenbetriebe zurückgehen.
Wieso für einen Appel und ein Ei?
Porschke: Kein Wirtschaftszweig wird in der Stadt so subventioniert wie der Hafen. Für seinen Wandel, wie die Containerisierung und die Entwicklung der Schiffsgrößen, hat die Stadt westlich des Alten Elbtunnels riesige Flächen etwa in Altenwerder bereitgestellt, um dort wirtschaften zu können. Der Hafen bekommt jährlich 124 Millionen Euro vom Staat als Investitionszuschüsse. Die durchschnittlichen Mieterträge für Flächen auf dem Kleinen Grasbrook lagen 2014 bei 3,79 Euro pro Quadratmeter. Von so einer Pacht träumen andere. Mit seinem Olympia-Ultimatum hat der Unternehmensverband Hafen Hamburg den Bogen jetzt überspannt. Er argumentiert gegen Olympia.
Viele Unternehmen sind für Olympia . . .
Porschke: Der Unternehmensverband handelt nicht danach. Er fordert, die Betriebsverlagerungen nicht aus dem Etat der Hamburg Port Authority zu finanzieren, also müssen sie aus den Bewerbungskosten für die Olympischen Spiele getragen werden. Die betragen dann plötzlich nicht mehr 50 Millionen Euro sondern Hunderte Millionen Euro. Derartig gesteigerte Bewerbungskosten dürften im Rahmen des Volksentscheids die Zahl der Olympiabefürworter erheblich dezimieren. Auch die Forderung nach einer rechtsverbindlichen Zusicherung, dass die Umsetzung der Olympiaplanungen erst nach dem Zuschlag des IOC erfolgt, ist wie erhöhter Zeitdruck bei Planungen und Baurealisierungen preistreibend. Wenn wir also plötzlich über dreistellige Millionensummen Steuerbelastung reden, machen sich die Bürger zu Recht Sorgen, ob die Finanzierung der Kitas oder der Ausbau der Infrastruktur noch leistbar sind. Der Senat darf sich nicht erpressen lassen.
Ich bin verwirrt. Ich dachte immer, die Umweltverbände hätten Vorbehalte gegen Hamburgs Olympiabewerbung.
Porschke: Wir haben dann Vorbehalte, wenn die Nachhaltigkeit den Kürzeren zieht. Und hier sehen wir diese Gefahr, wenn die Hafenbetriebe Hunderte Millionen Euro bekommen, ohne dass die Stadtentwicklung Hamburgs davon einen Nutzen hat.