Hamburg . Nach dem Vorbild Berlins solle der Senat stärker für die Aufnahme durch hilfsbereite Bürger werben. Debatte im Parlament.

Die CDU plädiert dafür, Flüchtlinge in Hamburg vermehrt in Privathaushalten unterzubringen. „Trotz der heillos überfüllten öffentlichen Unterkünfte und fast täglich überholter Bedarfs- und Standortankündigungen für Gemeinschaftsunterkünfte nutzt der Senat die Chancen freiwilliger privater Flüchtlingsunterbringung nicht“, kritisiert die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Karin Prien. „Dies ist nicht nachvollziehbar, wenn man etwa auf Berlin schaut. Dort werden nicht nur viele Flüchtlinge freiwillig privat untergebracht. Diese Unterbringungsform wird auch durch gezielte Öffentlichkeits- und Beratungsarbeit gefördert.“

Hintergrund des CDU-Vorstoßes ist die aktuelle Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage Priens, nach der in „Privathaushalten bisher keine Flüchtlinge öffentlich-rechtlich untergebracht werden“. Auch werbe der Senat nicht für die private Unterbringung von Flüchtlingen, heißt es darin. Dies sei auch nicht geplant.

„Hamburg nutzt weder die Chancen der freiwilligen privaten Flüchtlingsunterbringung, noch der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in Wohnungen und schöpft damit die Potenziale und die Hilfs- und Integrationsbereitschaft der Hamburgerinnen und Hamburger nicht aus“, konstatiert Prien. „Statt auf Integration in kleinen Einheiten und die Bereitschaft der Bürger zu setzen, sich um verfolgte Flüchtlinge und ihre Familien zu kümmern, setzt der Senat auf immer größere Gemeinschaftsunterkünfte in ohnehin sozial belasteten Stadtteilen und auf der grünen Wiese.“

Es fehle in Hamburg „sowohl an den gesetzlichen Grundlagen als auch an der Gestaltungskraft und dem politischen Willen, um auf die große Hilfsbereitschaft und Integrationskraft unserer Bürger zu setzen“, moniert die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete. „Es wird Zeit, die Potenziale für diese große gesamtgesellschaftliche Herausforderung endlich auch in Hamburg zu nutzen. Dazu brauchen wir eine Debatte, die wir auch in der Bürgerschaft jetzt mit einem Antrag anstoßen werden.“

In der CDU geht man dabei offenbar davon aus, dass auch in Hamburg viele gut gestellte Menschen bereit sind, Flüchtlinge privat aufzunehmen, wie dies in Berlin geschehe. Die Hauptstadt werbe bereits seit November 2014 in dem Programm „Wohnungen für Flüchtlinge“ gemeinsam mit dem Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk für die freiwillige private Unterbringung. Dabei würden Flüchtlinge und Bürger über eine zentrale Hotline, Werbekampagnen und Beratungsstellen auch in den Bezirken bei der Wohnungssuche unterstützt. Außerdem gebe es in der Hauptstadt Vereinbarungen mit den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, die sich verpflichtet hätten, Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Bei der zuständigen Sozialbehörde zweifelt man die angeblich so große Bereitschaft der Bürger zur privaten Aufnahme von Flüchtlingen offenbar an. Dagegen spräche etwa die Tatsache, dass sich über die offizielle Internetseite zu den in Hamburg lebenden Flüchtlingen bisher lediglich neun Personen gemeldet und zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt hätten, heißt es – obwohl dort eine solche Möglichkeit angeboten werde.

Zugleich betont der Senat, dass beim Thema Flüchtlinge in erster Linie der Staat gefordert sei. „Die Unterbringung von Flüchtlingen ist eine staatliche Aufgabe, der sich alle beteiligten Stellen mit Elan widmen“, so Behördensprecher Marcel Schweitzer. „Wenn sich einzelne Bürgerinnen und Bürger aus humanitären Gründen dazu entschließen, einen Flüchtling bei sich zuhause privat aufzunehmen, ist dies möglich. Wichtig ist dabei, dass sich alle sympathisch sind, immerhin zieht jemand Fremdes in die eigene Wohnung ein.“ Eine eigene Vermittlungsagentur sei aus Sicht der Sozialbehörde allerdings „nicht notwendig, denn die Fachstellen in den Bezirksämtern stehen hierfür zur Verfügung“.

Die freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen durch Private werde zwar von der Stadt nicht finanziell gefördert, heißt es aus der Behörde. Wenn jemand aber einen Mietvertrag mit Flüchtlingen schließe, erstatte die Stadt die Nettokaltmiete bis zu festgelegten Höchstgrenzen. Diese beträgt für eine Person derzeit 348,50 Euro und steigt auf bis zu 796,79 Euro für sechs Personen.

Für die CDU ist es angesichts der aktuellen Lage unverständlich, dass der Senat nicht mehr für die private Unterbringung unternehme. Die Flüchtlinge müssten derzeit oft deutlich länger als für die gesetzlich vorgesehene Maximaldauer von sechs Monaten in den Erstaufnahmeeinrichtungen leben – weil Unterkünfte überall fehlten. „Die Flüchtlinge empfinden den Aufenthalt dort als besonders frustrierend“, sagt Karin Prien. „Konflikte und Gewalt entstehen auf engem Raum. An Integration ist so nicht zu denken.“