Hamburg. Cornelia Prüfer-Storcks will Rechte von Patienten stärken. Sie wünscht sich zudem eine Impfpflicht für Kinder und Erwachsene.
Der Hamburger Senat will gegen überflüssige Operationen in Krankenhäusern vorgehen. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) kritisierte im Gespräch mit dem Abendblatt, dass die Zahl dieser Eingriffe stark gestiegen sei. Die Krankenkassen hätten nachweisen können, dass 80 Prozent aller Operationen an der Wirbelsäule oder am Knie vermeidbar waren, sagte sie. „Wir wollen eine Zweitmeinung obligatorisch einführen. Der Patient kann dann entscheiden, ob er die Zweitmeinung in Anspruch nimmt“, sagte Prüfer-Storcks.
Sie befürwortete zugleich aber notwendige Operationen bis ins hohe Alter, „denn dann bleiben die Leute mobil, dadurch wird Pflegebedürftigkeit vermieden und Lebensqualität erhalten“. Jedoch würden einige Operationen zunehmend früh ausgeführt: „Wer als 50-Jähriger ein neues Knie oder eine neue Hüfte bekommt, kann leider recht sicher sein, dass es dann nicht die letzte OP sein wird. Hamburger Chirurgen sagen selbst: lieber erst einmal konservativ behandeln.“
Es gebe genügend Einsparpotenziale im Gesundheitswesen, sagte Prüfer-Storcks. So koste allein die Behandlung von Folgen des Rauchens bundesweit jährlich 23 Milliarden Euro. Zudem fänden manche Untersuchungen „doppelt und dreifach“ statt. „Durch die elektronische Gesundheitskarte wäre das zu verhindern.“
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Sie sprach sich zudem dafür aus, dass der festgeschriebene Beitrag der Arbeitgeber zur gesetzlichen Krankenversicherung in Zukunft genauso steigt wie der der Arbeitnehmer. „Denn es kann nicht sein, dass die Versicherten dauerhaft allein die steigenden Kosten im Gesundheitswesen tragen.“
Wegen der tödlichen Masernfälle in den vergangenen Monaten wünscht sich Prüfer-Storcks eine Impfpflicht. Allerdings gebe es dabei rechtliche Probleme. Prüfer-Storcks: „Ich habe kein Verständnis für Impfverweigerer.“ Sie wolle mit der Kassenärztlichen Vereinigung darüber reden, wie man es organisieren und bezahlen könne, dass beim Impfen von Kindern die Eltern gleich mitgeimpft werden.
Die Alterung in der Gesellschaft werde künftig auch die Wohnungsbaupolitik in der Stadt mitbestimmen, kündigte Prüfer-Storcks an. Der Senat wolle Wohnungsbau nur noch fördern, wenn die Bedürfnisse von älteren Bürgern und Pflegebedürftigen berücksichtigt werden. Die Senatorin kündigte ein neues Förderprogramm an: „Bei jedem großen Bauvorhaben soll die Pflegeinfrastruktur mitgeplant werden, also zum Beispiel ein Ort für einen ambulanten Pflegedienst.“
Zudem sollen öffentlich geförderte Neubaumietwohnungen künftig Mindeststandards der Barrierefreiheit erfüllen. Dazu gehörten ein Aufzug, niedrige Schwellen, große Bäder und breite Türen. Zudem müssten die Gehwege eben und die Zugänge zum öffentlichen Nahverkehr barrierefrei sein.