Hamburg. „Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan nicht den Anforderungen“, schreiben die Richter jetzt unmissverständlich.
Diese Urteilsbegründung hat Einfluss auf die rot-grünen Koalitionsverhandlungen: Das Verwaltungsgericht hatte die Stadt bereits Anfang November verurteilt, wirksamere Maßnahmen zu ergreifen, damit die von der EU vorgegebenen Grenzwerte der Stickstoffdioxid-Belastung möglichst schnell eingehalten werden. Doch erst jetzt haben die Richter auf 26 Seiten ihre Gründe erläutert.
Politisch brisant ist die Sache, weil der SPD-geführte Senat schon im November angekündigt hatte, in Berufung gehen zu wollen. Die Grünen hatten das Urteil zunächst als „schallende Ohrfeige“ für den Senat bezeichnet. In den Koalitionsverhandlungen jedoch erklärten sich die Grünen plötzlich bereit, den SPD-Kurs, das Urteil anzufechten, nunmehr zu unterstützen.
Darum geht es: Der SPD-Senat hat in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 80 Maßnahmen aufgeschrieben, mit denen die Luft verbessert und die Stickstoffdioxid-Belastung reduziert werden soll. Allerdings: Selbst nach Einschätzung des Senats würden so die Grenzwerte, die derzeit um 50 Prozent überschritten werden, erst im Jahr 2026 eingehalten. „Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan nicht den Anforderungen“, schreiben die Richter jetzt unmissverständlich. Die Maßnahmen müssten geeignet sein, „den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten“.
Zwar hält das Gericht die Weigerung des Senats, die Citymaut oder die Umweltzone einzuführen, für richtig, da es sich hierbei um verkehrsbeschränkende Maßnahmen handele. Grundsätzlich könnten dem Senat keine konkreten Maßnahmen auferlegt werden. Allerdings gibt das Gericht dann doch einen Hinweis: Der Flottenaustausch im Bereich der Linienbusse und des Stadtrundfahrtverkehrs könnte erheblich beschleunigt werden.
Für den Senat sind die 80 Maßnahmen „nicht in Stein gemeißelt“. Allerdings sei die schnelle Einhaltung der Grenzwerte nicht machbar. „Wir werden zu etwas verurteilt, was wir nach unserer Einschätzung nicht oder nur unter Inkaufnahme einer Rückabwicklung der Stadt erreichen können“, sagte Senatssprecher Christoph Holstein. Das könnte in letzter Konsequenz zu einem Autoverbot führen, was nicht realistisch sei. Weil andere Städte noch größere Probleme mit Stickstoffdioxiden haben, setzen SPD und Grüne auf Verhandlungen mit der Autoindustrie über strengere Abgasnormen, vor allem bei Dieselfahrzeugen.