Die Klage des BUND wird von Mittwoch an vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Die Umweltbelastung in Hamburg ist seit Jahren zu hoch. Jetzt könnte es zu Einschränkung des Autoverkehrs kommen.

Hamburg. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Verkehrspolitik zu einem zentralen Thema im Bürgerschaftswahlkampf wird – und dass der SPD-Senat dabei in die Defensive geraten könnte. Ausgerechnet in diesen Tagen könnte Bürgermeister Olaf Scholz nun auch noch gezwungen werden, sich verstärkt mit den Autofahrern anzulegen.

Am Mittwoch nämlich verhandelt das Hamburger Verwaltungsgericht über eine Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und eines Hamburger Bürgers, mit der beide drastische Maßnahmen zur Reinhaltung der Hamburger Luft durchsetzen wollen.

Behalten BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch und seine Mitstreiter wie beim Netzerückkauf und einstweilen auch bei der Elbvertiefung auch diesmal die Oberhand, wäre die Stadt wohl dazu gezwungen, den Autoverkehr drastisch einzuschränken. Die Richter könnten den Senat etwa zur Einführung einer Umweltzone, einer City-Maut oder neuer Tempolimits auf 30 Kilometer pro Stunde zwingen. Auch eine schärfere Parkraumbewirtschaftung gilt als Möglichkeit zur Verringerung des Autoverkehrs: Parkplätze könnten in Hamburg künftig knapper und zugleich teurer werden.

Eine deutlich zu starke Belastung der Hamburger Luft

Hintergrund des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist die seit Jahren deutlich zu starke Belastung der Hamburger Luft mit Stickstoffdioxid. Der Anteil des giftigen NO2 liegt regelmäßig weit über den von der EU seit 2010 rechtsverbindlich festgelegten Grenzwerten.

Ein deutlicher Rückgang der Belastung ist nicht zu verzeichnen. Statt weniger als die erlaubten 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft werden an den großen Hamburger Messstationen Habichtstraße, Max-Brauer-Allee, Kieler Straße und Stresemannstraße im Jahresmittel immer noch Werte zwischen 45 und 65 Mikrogramm gemessen.

Rasche Besserung scheint nicht in Sicht: Der Senat selbst hat der EU mitteilen müssen, dass er auch im kommenden Jahr nicht mit der Einhaltung der Grenzwerte in Hamburg rechne. Mehrere Anträge Deutschlands auf eine Verlängerung der Frist für die Einhaltung der Grenzwerte hat die EU bereits abgelehnt – und kürzlich hat die europäische „Generaldirektion Umwelt“ noch einmal deutlich gemacht, dass sie nun mit ihrer Geduld am Ende ist.

Hamburg tut zu wenig für Luftqualität

In einer sogenannten „Pilotanfrage“ vom 21. September, die als erster Schritt zu einem möglichen Vertragsverletzungsverfahren gilt, bittet die EU binnen zehn Wochen um dezidierte Auskunft über die von Deutschland ergriffenen „zusätzlichen Maßnahmen“ zur Reduzierung des giftigen Stickstoffdioxids in der Atemluft. Und sie fragt sehr deutlich nach, wann die Bundesrepublik denn nun ihren Verpflichtungen nachzukommen gedenke.

Aus Sicht der Umweltverbände tut Hamburg nicht nur seit Jahren zu wenig für die Luftqualität – die Stadt hat das Problem sogar gerade noch einmal verschärft. Als eine Maßnahme zur Verbesserung nennt der SPD-Senat in seinem Luftreinhalteplan nämlich das Busbeschleunigungsprogramm. Nun aber hat er angesichts der massiven Proteste die Mittel für die zweite Ausbaustufe des Programms deutlich reduziert. Mithin: Statt mehr für die Verbesserung der Luft zu tun, tut Hamburg sogar weniger.

Im Senat sieht man sich dennoch insgesamt auf dem richtigen Weg. Mit der im Luftreinhalteplan festgelegten Stärkung von Radverkehr und öffentlichem Personennahverkehr und den Plänen zur Landstromanbindung von Kreuzfahrtschiffen seien wesentliche Maßnahmen zur Luftverbesserung eingeleitet worden, heißt es aus der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) von Senatorin Jutta Blankau (SPD). Zudem seien in erster Linie Dieselfahrzeuge für die Stickstoffdioxid-Belastung verantwortlich. Und es sei Sache der EU selbst und nicht der Stadt Hamburg, die Abgasnormen für solche Fahrzeuge zu verschärfen.

Im Übrigen liege die Belastung in vielen europäischen Städten über den Grenzwerten. Auch deswegen behalte man sich bei einer Niederlage im aktuellen Prozess vor, in die nächste Instanz zu gehen.