Stadt verliert Prozess – Citymaut und Umweltzonen sollen aber nicht eingeführt werden
Hamburg. Die Hansestadt Hamburg muss mehr für die Reinhaltung der Luft unternehmen. Das Verwaltungsgericht Hamburg gab am Donnerstag einer Klage der Umweltschutzorganisation Nabu und eines Anwohners der Max-Brauer-Allee statt. Allerdings unterließen die Richter es, der Stadt konkrete Maßnahmen aufzuerlegen. Rathaus und Umweltbehörde erklärten umgehend, man werde das Urteil anfechten. Zudem wurde signalisiert, dass die Einführung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen, einer Citymaut und von Umweltzonen nicht infrage komme.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die Stadt verpflichtet, „in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufzunehmen, die zu einer möglichst schnellen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid führen sollen“. Die schriftlichen Urteilsgründe würden bis Jahresende vorliegen. Zudem ließ das Gericht die Möglichkeit einer Berufung zu. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils teilte Senatssprecher Christoph Holstein mit, dass Hamburg Rechtsmittel dagegen einlegen werde.
Hintergrund des Verfahrens ist die zu hohe Belastung von Hamburgs Luft mit Stickstoffdioxid. Mit bis zu 65 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen die an den vier Messstellen festgestellten Werte weit über dem von der EU festgelegten Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Einhaltung des Grenzwerts ist nach Behördenangaben nicht vor 2026 zu erwarten.
Am Mittwoch hatten Kläger und Beklagte in einer gut vierstündigen Gerichtsverhandlung ihre Argumente ausgetauscht. Vertreter Hamburgs führten dabei an, dass die Stadt bereits 80 Maßnahmen zur Luftreinhaltung umsetze. Der BUND und Matthias Pätzold als Anwohner argumentierten dagegen, die Einführung von Umweltzonen, einer Citymaut und von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen würde die Luft rasch sauberer machen.
„Dies ist ein guter Tag für die Lebensqualität in Hamburg“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Der Senat ist jetzt verurteilt, für bessere Luft in Hamburg zu sorgen.“ Braasch hielt an seinen Forderungen nach Tempo 30 und Umweltzonen fest, verlangte aber auch eine Verbesserung des Fahrradverkehrs und eine beschleunigte Optimierung der Busflotte.
Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) erwartet von der Urteilsbegründung „dezidierte Hinweise darauf, wie man unter den gegebenen Rahmenbedingen überhaupt noch rechtssicher einen Luftreinhalteplan gestalten kann“.
Die Oppositionsparteien warfen dem SPD-Senat hingegen Versagen beim Umwelt- und Klimaschutz vor. Das Urteil sei eine „schallende Ohrfeige“, erklärte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Birgit Stöver, Umweltexpertin der CDU-Fraktion, sprach von „Ideen- und Konzeptlosigkeit in der Umwelt- und Verkehrspolitik“. Der FDP-Umweltpolitiker Kurt Duwe forderte, in der Verkehrslenkung intelligente Maßnahmen wie Telematik verstärkt anzugehen und den Pendlerverkehr aus dem Umland zu verringern. Nach den Worten von Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn ist das Urteil „ein Schuss vor den Bug für den Senat“. Senatorin Blankau könne die Probleme jetzt nicht mehr aussitzen.