Zwei 18-Jährige wollen für CDU und FDP in die Bürgerschaft. Gelingt ihnen das, sind sie die jüngsten Abgeordneten aller Zeiten. Die 85-jährige Erika Beit kämpft indes für Wiedereinzug der Freien Demokraten.
Hamburg . Sie sind beide erst 18 Jahre alt, sie sind beide noch Schüler – und sie wollen in die Bürgerschaft: Johannes Göpffarth und Carl Cevin-Key Coste gehen am Sonntag bei der Wahl als jüngste Kandidaten ins Rennen.
Göpffarth für die CDU in Altona, Coste für die FDP in Harburg. Gelingt den Teenagern der Sprung ins Parlament, sind sie nicht nur die jüngsten Bürgerschaftsabgeordneten aller Zeiten. Sie wären ferner die ersten Schüler, die mit einem Mandat in den Reihen des Plenarsaals Platz nähmen.
Einen Sitz in der Bürgerschaft als Ziel hat die älteste Kandidatin hingegen nicht: Die 85-jährige Erika Beit kämpft im Wahlkreis Bramfeld vielmehr für ein Comeback ihrer bundesweit taumelnden FDP.
Aus insgesamt 887 Kandidaten in 17 Wahlkreisen dürfen die 1,3 Millionen wahlberechtigten Hamburger am Sonntag wählen. Darunter sind auch 27.000 im Alter von 16 und 17 Jahren, die erstmals bei einer Bürgerschaftswahl ihre Stimmen abgeben können.
Und genau in dieser Wählergruppe sehen Göpffarth und Coste ihre Chance. Die beiden Gymnasiasten sind seit zwei Jahren in ihren Parteien aktiv. „Es wird häufig berichtet, dass Jugendliche nicht politikinteressiert seien. Das stimmt nicht", sagt Göpffarth.
Gegen den Trend der Politikverdrossenheit
Viele Teenager engagierten sich in Sozial- oder Umweltverbänden. „Auch sind Jugendliche sehr gut in Sachen Politik informiert“, betont der 18-Jährige. Coste zufolge interessieren sich die 16- und 17-Jährigen etwa für Flüchtlingspolitik. „Einige von ihnen können wir hoffentlich mobilisieren“, sagt er. Coste betont: „Wichtig ist aber, dass sie überhaupt zur Wahl gehen.“ Nach Auswertung des Statistikamtes Nord beteiligten sich an der Bezirkswahl 2014 lediglich 28 Prozent der Wahlberechtigten unter 18 Jahren. Das sind 13 Prozentpunkte unter dem Wert der Gesamtwahlbeteiligung. „Das ist katastrophal und stärkt die rechtspopulistischen Parteien“, sagt der Liberale Coste. Christdemokrat Göpffarth, dessen Vorbild Ludwig Erhard ist, begründet die Zurückhaltung mit einer unter Jugendlichen vorhandenen Parteienverdrossenheit.
Diesem Trend wollen die Nachwuchspolitiker entgegenwirken und setzen auch auf das Thema Schule. Weil sie selbst noch mittendrin stecken, kennen sie die Sorgen der Schüler. Göpffarth macht im Frühjahr am Christianeum sein Abitur, Coste am Gymnasium Heisenberg. Während auf die Interessen der Eltern und Lehrer ausgiebig eingegangen werde, komme die Meinung der direkt Betroffenen, nämlich der Schüler, in Hamburg viel zu kurz, kritisiert Göpffarth, der Geschichte und Politik studieren möchte. Er fordert: „Politiker müssen aktiv auf Schüler zugehen und auch sie fragen, wie sie sich Schule vorstellen.“
Coste möchte Hamburgs Schüler zudem vor weiteren großen Strukturreformen bewahren. Auch wünscht sich der 18-Jährige eine stärkere Wahlfreiheit in der Oberstufe, weniger vollgestopfte Lehrpläne und mehr lebensnahe Inhalte. „Natürlich hat Schule einen allgemeinbildenden Auftrag, deswegen ist die Analyse eines Gedichts wichtig“, sagt Coste. Nicht weniger wichtig für einen Schüler sei es jedoch zu wissen, wie er eine Bewerbung richtig schreibt. „Das hatte ich zuletzt in der achten Klasse“, betont Coste, der Jura und Maschinenbau studieren möchte. Seine Parteifreundin Erika Beit engagiert sich aus anderen Gründen. Wie oft die 85-Jährige schon für die Bürgerschaft kandidiert hat, kann sie nicht sagen.
Erika Beit – bürgernahe Kommunalpolitikerin
Geschafft hat sie den Einzug nie. „Das war auch nie mein Antrieb“, sagt die Bramfelderin. Sie kann nicht anders, als politisch aktiv zu sein. Auch im Alter noch. „Zwar werden die Schritte langsamer und kürzer, doch mein Kopf bleibt ja frei“, begründet Beit ihre erneute Kandidatur.
Vor allem liegt ihr die Entwicklung ihres Stadtteils am Herzen. „Ich setze mich dafür ein, dass der halbdörfliche und grüne Charakter des Ortskerns erhalten bleibt“, sagt die bürgernahe Kommunalpolitikerin. Dabei sollten nicht nur die Interessen von Bauherren berücksichtigt werden, sondern auch die Bedürfnisse der Bürger. „Der Bramfelder Dorfplatz sollte so attraktiv gestaltet werden, dass die Menschen gerne dorthin kommen, sich treffen und unterhalten“, erklärt die 85-Jährige.
Auch möchte sie den Wählern Mut machen, dass „wir Altliberalen nach wie vor zu unserer Partei stehen und uns für einen Wiedereinzug der FDP stark machen“, sagt Beit. Sie ist optimistisch, dass dies gelingt. Nicht nur, weil die Stadt und das Land eine liberale Partei brauchten. Sondern auch, weil Katja Suding die richtige Spitzenkandidatin sei, um die FDP aus dem Tal zu holen. „Sie ist sehr attraktiv. Warum auch nicht? Männer sind nicht immun gegen gut aussehende Frauen“, sagt die 85-Jährige. Doch Suding sei zudem intelligent und inhaltlich überzeugend. „Die jüngsten Umfragen geben ihr recht“, sagt Beit. Das käme auch bei den Bürgern auf der Straße an. „Sie haben das Gefühl, dass ihre Stimme nicht mehr verloren ist, wenn sie die FDP wählen“, betont Beit, die an Infoständen auf Stimmenfang gegangen ist.
Breiter hat Coste seinen Wahlkampf aufgestellt. So hat der 18-Jährige ähnlich wie Göpffarth an Podiumsdiskussionen teilgenommen, Plakate geklebt, Flyer an Infoständen verteilt und Fragen in sozialen Netzwerken beantwortet. Finanziert haben die zwei Jungpolitiker ihren Einsatz aus Erspartem.
Hoffen auf den Sprung ins Parlament
Nun hoffen sie auf den Sprung ins Parlament. „Sollten wir das schaffen, werden die Abgeordneten auf uns wohl ähnlich reagieren wie auf Annkathrin Kammeyer“, sagt Coste, dessen Vorbild Hans-Dietrich Genscher ist. Kammeyer zog 2011 mit 21 Jahren für die SPD in die Bürgerschaft ein und ist damit die bislang jüngste Abgeordnete. Das Durchschnittsalter der Parlamentarier liegt derzeit bei 45 Jahren. „Viele werden uns erst einmal belächeln. Aber wenn wir inhaltlich überzeugen, und das können wir, dann werden wir uns den Respekt verdienen“, sagt Coste.
Und Johannes Göpffarth fügt hinzu: „Wir werden auf jeden Fall frischen Wind in die Bürgerschaft bringen.“ Vielleicht trage ihr Einzug „ein wenig zum Abbau der Parteienverdrossenheit bei, wenn die Hamburger sehen, dass sich auch junge Menschen politisch engagieren“.