Kleine Parteien sind gegen den Hamburger Krösus SPD machtlos. Viele Kandidaten müssen ihre Kampagne komplett selbst finanzieren. Was der Kampf um Stimmen und Sitze kostet.
Harburg. Wenn die These stimmt, dass politische Macht in starkem Maße auch abhängig vom Faktor Geld ist, dann muss sich die Hamburger SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Olaf Scholz um den Ausgang der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag keine Sorgen machen.
800.000 Euro sollen die Sozialdemokraten in den Kampf um Stimmen und Sitze gepumpt haben, so viel wie keine andere Partei, die in der Freien und Hansestadt antritt.
Am sichtbarsten wird diese geballte Finanzkraft bei der Plakatierung – auch im Bezirk Harburg. Von unzähligen Plakatwänden lächelt Scholz gelassen aufs Wahlvolk herab, keiner kann ihm hier quantitativ auch nur annähernd das Wasser reichen.
Diese Übermacht setzt sich allerdings auch in den kleineren Formaten, den Einzelplakaten an Bäumen und Laternenpfählen, fort.
Kein Wunder, denn auch auf Bezirksebene dürfte die SPD in punkto Wahl-Investment unschlagbar sein. 24.000 Euro hat die Partei laut Kreischef Frank Richter für die Kampagne bewilligt.
Davon entfällt etwa die Hälfte auf den Persönlichkeitswahlkampf der vier Spitzenkandidaten Sören Schumacher und Birte Gutzki-Heitmann (Wahlkreis 16, Harburg) sowie Brigitta Schulz und Matthias Czech (Wahlkreis 17, Süderelbe). „Wie viele und welche Plakate die Kandidaten ordern, bleibt ihnen überlassen.
Die Partei stellt jedem zudem mindestens 5000 Flyer zur Verfügung“, so Richter. Es bleibe aber jedem Einzelnen überlassen, ob er darüber hinaus aus eigener Tasche zusätzliche Wahlwerbemittel finanziere.
Die CDU-Kandidaten müssen ihren Wahlkampf in Gänze selbst finanzieren und organisieren. Birgit Stöver etwa schätzt, dass sie aktuell rund 5000 Euro aufgebracht hat. Für 150 Plakate, 20.000 Flyer und Give-aways wie Kugelschreiber und Notizblöcke.
Auch Parteifreund André Trepoll hat ähnlich viel in 300 Plakate, 25.000 Flyer, Kandidatenpostkarten und Luftballons investiert. „Dass die Plakate bei Wind und Wetter eigenhändig aufgestellt und aufgehängt worden sind, versteht sich von selbst“, so der CDU-Spitzenkandidat für Süderelbe.
Auch Kurt Duwe, auf der FDP-Landesliste auf Platz zehn zu finden, hat keine Kosten noch Mühen gescheut, um für sich zu werben. 1200 Plakate und 15.000 Flyer schlugen bei ihm mit etwa 4000 Euro zu Buche.
Das ist natürlich nichts im Vergleich zu den 300.000 Euro, die sich die (Alt-)Liberalen den gesamten Hamburger Wahlkampf haben kosten lassen. Zuletzt sollen Autobauer BMW und der Unternehmer Randolf Rodenstock, ein Spross aus der namhaften Brillen-Dynastie, die FDP-Offensive im Norden mit erheblichen Spenden befeuert haben.
So kann die Omnipräsenz der hiesigen Landeschefin Katja Suding kaum überraschen. An erstaunlich vielen „strategisch wichtigen Punkten“ in Harburgs City hat sie „König Olaf“ großflächig Konkurrenz gemacht.
Von solch einer auf- und augenfälligen Werbekampagne können die Spitzenkandidaten der kleinen Parteien nicht einmal träumen. Bei den Linken gibt es faktisch keinen Persönlichkeitswahlkampf.
Für seine beiden Spitzenkandidaten Sabine Boeddinghaus (Harburg) und Florian Muhl (Süderelbe) veranschlagte der Bezirksverband je 5000 Kandidatenpostkarten, 2500 Euro bezahlt der Landesverband für Plakatwerbung. Auf den Plakaten wirbt die Partei anstelle von Köpfen mit Themen wie dem Bleiberecht für Flüchtlinge, bezahlbarem Wohnraum für alle oder dem kategorischen Nein zu einer Olympiabewerbung.
Bei den Grünen genehmigte der Kreisvorstand alles in allem 10.000 Euro – und damit deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Mit der Aussicht, Juniorpartner der SPD in der Bürgerschaft zu werden, wurden 400 Plakate in Harburg verteilt. „Davon entfallen allerdings nur ein Viertel auf Persönlichkeitsplakate.
200 sind Themenplakate und weitere 100 zeigen unsere Spitzenkandidaten auf der Landesliste, Katharina Fegebank und Jens Kerstan“, erklärt der Harburger Spitzenkandidat Peter Schulze. Der deshalb, ebenso wie Dr. Gudrun Schittek aus dem Wahlkreis Süderelbe, privates Geld in zusätzliche Werbemaßnahmen in eigener Sache investierte.
Am wenigsten Geld konnten die Neuen Liberalen für den Wahlkampf einsetzen. Nach Aussage von Spitzenkandidatin Isabel Wiest sind es um die 35.000 Euro – in ganz Hamburg.
Für das Gros dieser Summe haben die Kandidaten selbst gesorgt. Der Harburger Fraktionschef Kay Wolkau, der auf Platz sechs der Landesliste rangiert, bezifferte sein privates Engagement auf 3000 Euro, die er in 350 Plakate und 20.000 Postkartenflyer investiert habe. „Die sind allerdings auch nördlich der Elbe verteilt worden, in St. Georg, Harvestehude und Fuhlsbüttel“, so Wolkau.
Ob sich so die Fünf-Prozent-Hürde knacken lässt, ist mehr als fraglich. Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Neuen Liberalen noch eine sehr junge Partei sind, die gerade erst vier Monate existiere, gibt Isabel Wiest zu bedenken: „Pro Monat ein Prozent, das wäre deshalb schon mehr als ein Achtungserfolg.
Vor allem angesichts der Tatsache, dass wir bei weitem noch nicht über die finanziellen Ressourcen verfügen, wie die etablierten Parteien.“ Am besten aber wäre, wenn Inhalte über den Ausgang einer Wahl entscheiden würden.