Wahlkampfendspurt in Hamburg: SPD, Grüne, Linke und AfD boten noch einmal alles auf. Bei der Veranstaltung der AfD sorgten Störenfriede für Unterbrechung. ZDF veröffentlicht „Politbarometer“.
Hamburg. Zum Wahlkampfendspurt haben gleich vier Parteien im Werben um die Gunst der Hamburger Wähler noch einmal alles aufgeboten. Die seit 2011 allein regierende SPD wartete am Donnerstagabend neben Bürgermeister Olaf Scholz mit SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf – und machte klar: Die Partei will die absolute Mehrheit in dem Stadtstaat an der Elbe unbedingt verteidigen. Grünen, Linken und der AfD teilten tatkräftig gegen Scholz und seine SPD aus.
„Es kommt auf jede Stimme an“, sagte Bürgermeister und SPD-Landeschef Scholz vor mehreren hundert Anhängern. Die Umfragen sähen wie schon 2011 ganz gut aus. „Aber es kommt darauf an, dass alle dafür sorgen, dass es tatsächlich ein starkes Mandat für die Sozialdemokratische Partei und den von mir geführten Senat gibt“, schwor er die Partei ein. Unterstützt wurde er dabei von Gabriel und Kraft. Scholz' Politik sei Vorbild für ganz Deutschland, meinte der SPD-Chef: „So muss man regieren.“ Kraft wiederum betonte: „Am Sonntag erwarte ich von Hamburg ein exzellentes Ergebnis für Olaf Scholz.“ Am besten wäre eine Fortsetzung der Alleinregierung, „denn das hat sich bewährt“.
Ein am Donnerstag veröffentlichtes ZDF-„Politbarometer“ sieht die SPD bei 47 und die CDU bei nur noch 17 Prozent. Die Grünen erreichen 12 Prozent, die Linke kommt auf 8,5 Prozent. Die FDP liegt bei 6 Prozent, die AfD muss mit 5 Prozent um den Einzug in die Bürgerschaft bangen. Gut 40 Prozent sind nach der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen noch unsicher, ob und wen sie am Sonntag wählen wollen. Ob die SPD ihre absolute Mehrheit verteidigen kann, hängt davon ab, ob FDP und AfD ins Landesparlament kommen. Sollte die absolute Mehrheit verloren gehen, will Scholz zusammen mit den Grünen regieren. Eine Koalition mit FDP oder CDU schloss er zuletzt aus.
Die Grünen warfen dem Regierungschef vor, in der Umweltpolitik auf ganzer Linie versagt zu haben. „Ohne uns wird das nicht besser“, sagte Spitzenkandidat Jens Kerstan. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Claudia Roth (Grüne), appellierte, Flüchtlinge besser unterzubringen. „Hier geht es nicht um Grundstücke, sondern um unsere Grundwerte.“ Schleswig-Holsteins Agrarminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte, in Hamburg fehle es an fortschrittlichem Denken. „Die Stadt spielt bei politischen Lösungen in Deutschland nicht mit.“
Ganz anders dagegen die Linken: Sie erneuerten ihr klares Nein zu einer Koalition mit der SPD. „Veränderung beginnt mit Opposition“, sagte Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi. So wie die SPD in Hamburg aufgestellt sei, komme sie als Partner nicht infrage. Er warf dem SPD-Senat vor, keine Initiative gegen die Altersarmut im Bundesrat gestartet zu haben. Gysi kritisierte Scholz auch persönlich. Obwohl er mit ihm schon gute Streitgespräche geführt habe, sei er ihm zu abgehoben. „Er ist so König, und ich wollte keine Monarchie.“
Die AfD hofft auf ihren ersten Sprung in ein westdeutsches Landesparlament – und musste bei ihrer Veranstaltung zunächst mit rund 70 Störern aus der linken Szene fertig werden, die mehrfach die Rede des Hamburger Spitzenkandidaten Jörn Kruse störten. Die Polizei eskortierte die Störenfriede daraufhin aus der Halle. Wie die Polizei gegenüber dem Abendblatt bestätigte, wurde eine Person in Polizeigewahrsam genommen.
Kruse kritisierte vor rund 550 Zuhörern, dass es in Hamburg eine „unverständliche Duldung“ linker Gewalt gebe. In diesem Zusammenhang erneuerte er die AfD-Forderung nach 500 zusätzlichen Stellen für Polizisten. Zugleich bemängelte er die Bildungspolitik des SPD-Senats und sprach sich für eine Differenzierung als „Gebot der Bildungspolitik“ aus.