Das Millionendefizit sei hausgemacht. Im Schwarzbuch kritisiert der Steuerzahlerbund Verschwendung beim Planetarium und bei einem Klo-Häuschen. Ein Fall birgt besondere Brisanz.
Hamburg. Der Bund der Steuerzahler hat am Dienstag wieder sein von Wirtschaft und Politik gefürchtetes Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung“ vorgestellt. Sowohl in Hamburg als auch in Kiel präsentierten die Landesvertreter des Steuerzahlerbundes am Dienstag Fälle, in denen die Regierenden aus Sicht des Verbandes Steuergeld zum Fenster hinausgeworfen haben.
Die Stadt Hamburg ist gleich mit mehreren Fällen dabei:
Das Finanzdesaster der Gartenschau igs
Laut Steuerzahlerbund hat der Senat nicht entschieden genug auf die schlechten Besucherzahlen der Internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg 2013 reagiert. Das Ergebnis ist bekannt: Am Ende der igs stand ein Minus von 37 Millionen Euro.
Hauptkritikpunkt des Bundes der Steuerzahler war der zu hohe Eintrittspreis. „Wir haben mehrfach gefordert, diesen von 21 Euro auf 15 Euro zu senken – ohne Erfolg!“
Auch das Marketing-Konzept schneidet schlecht ab: „Hätten die lokalen Medien über die geringen Besucherzahlen nicht umfangreich berichtet, wüssten viele Hamburger wahrscheinlich bis heute nicht, dass die igs überhaupt stattgefunden hat“, heißt es im Schwarzbuch.
Kersten-Miles-Brücke: Steuergeld im Klo versenkt
Auf Seite 85 im Schwarzbuch heißt es „Ein teurer Griff ins Klo“. Gemeint ist das 2011 von der Stadt aufgebaute Toilettenhäuschen für Obdachlose an der Kersten-Miles-Brücke. Die Kosten beliefen sich auf rund 25.000 Euro. Genutzt wurde es allerdings nicht. "Das Toilettenhäuschen war seit Längerem nicht mehr in seiner ursprünglichen Funktion genutzt worden", hieß es vom Senat. "Die Obdachlosen unter der Kersten-Miles-Brücke haben aufgrund der Sanierungsmaßnahmen an der Brücke und der Neu- und Umgestaltung der direkten Umgebung den Platz verlassen.“ Und so wurde die Toilette in diesem Jahr wieder abgerissen - für rund 7000 Euro.
Der Bund der Steuerzahler meint: „Am Ende bleibt der Steuerzahler auf Gesamtkosten von mehr als 32.000 Euro sitzen.
Kostenexplosion beim Planetarium
Eigentlich waren 4,9 Millionen Euro für die geplante Sanierung des Planetariums veranschlagt - am Ende wurden es 7,5 Millionen.
Die Zusatzkosten entstanden unter anderem durch notwendige Korrekturen schon während der Planungsphase, etwa: Einbau einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage für das Foyer (Zusatzkosten von 446.000 Euro), technische Anschlüsse für Server und die Verlagerung und Neuinstallation der Planetariumstechnik (Zusatzkosten von 792.000 Euro) sowie Umbau und Verlängerung des Aufzugs (Zusatzkosten von 149.000 Euro).
Der Bund der Steuerzahler: „Wir können nur hoffen, dass mögliche Kostensteigerungen im Zuge des 2015 beginnenden Umbaus nicht erneut astronomische Züge annehmen.“
Wahlkampf auf Steuerzahlerkosten
Eine aus Steuergeld finanzierte Broschüre, das Programm-Magazin zur Europawoche, sollte die Hamburger über die anstehende Wahl zum Europäischen Parlament informieren. Die Aufmachung des Heftes rief jedoch die Kritik der Opposition hervor, weil sie in der Broschüre ein Wahlkampfmittel der SPD sahen. Kritisiert wurde insbesondere ein Interview mit Martin Schulz (SPD), Präsident des Europaparlaments. Das Problem: Schulz machte Wahlkampf in eigener Sache.
Das Heft wurde eingestampft und eine zweite Auflage in Druck gegeben. Kosten: 5085 Euro.
Der Bund der Steuerzahler meint: „Hätten die Verantwortlichen von Anfang an mehr Fingerspitzengefühl bewiesen und wären ihrer Verpflichtung zur Neutralität nachgekommen, wäre dem Steuerzahler diese Wahlkampfposse erspart geblieben.“
Hapag-Lloyd und HSH-Nordbank
Unter der Rubrik „Abenteuer Kommunalwirtschaft“ wird auf zwei weitere brisante Hamburger Fälle verwiesen: „Exemplarisch möchten wir auf den städtischen Einstieg bei Hapag-Lloyd hinweisen. Dieses Geschäft wurde den Bürgern vom aktuellen Senat und von dessen Vorgänger-Senat als sicheres Geschäft verkauft. Politische Mehrheiten wurden dadurch gesichert, indem behauptet wurde, die Finanzierungskosten würden durch die zu erwartenden Dividenden ausgeglichen. Aber: Bis heute ist kein einziger Euro an Dividende geflossen“, heißt es im Schwarzbuch. „Somit bleibt der Steuerzahler auf Finanzierungskosten in Höhe von 158 Millionen Euro sitzen.“
Andere Experten bewerten den Einstieg der Stadt allerdings deutlich positiver.
In einem kurzen Absatz werden auch die HSH-Nordbank und der anstehende Banken-Stresstest angesprochen. „Was auf die Stadt in Sachen HSH Nordbank zukommt, ist bisher noch nicht absehbar. Sollte die Landesbank jedoch Ende Oktober am Stresstest der EU scheitern, wäre dies der Gau für die städtischen Finanzen. Immerhin hat Hamburg eine Garantie über fünf Milliarden Euro gegeben.“ Das ist wegen der hohen Summe der brisanteste Fall.
Lesen Sie hier die Fälle aus dem Schwarzbuch in Schleswig-Holstein