Deutliche Fortschritte: das Neugeschäft der HSH Nordbank zieht im ersten Halbjahr 2014 an. Im Oktober muss sich die Landesbank einem Stresstest stellen – der Ausgang ist ungewiss.
Hamburg. Vordergründig hat die HSH Nordbank im ersten Halbjahr 2014 auf dem Weg zu einem „normalen“ Geldinstitut deutliche Fortschritte gemacht – und der Vorstandsvorsitzende Constantin von Oesterreich wurde in der Pressekonferenz am Freitag nicht müde, darauf hinzuweisen. So hat die Landesbank ihren Gewinn vor Steuern auf 432 Millionen Euro mehr als verdreifacht. „Wir werden stetig besser, und wir haben ein stabiles Geschäftsmodell“, so der HSH-Chef. Die gute Nachricht für die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein: Auch für das gesamte Jahr 2014 rechnet der Vorstand mit schwarzen Zahlen.
Hinzu kommt, dass eine der Sorgen, die Constantin von Oesterreich bisher plagten, offenbar geringer wird. Denn in der Bank geht man davon aus, dass sich die aktuell krisenhafte Situation in der Schiffsfinanzierung im Laufe des nächsten Jahres spürbar verbessert.
Doch Altlasten und die Nachwirkungen der Milliardenverluste in den Jahren 2008 und 2009 haben noch immer erheblichen Einfluss auf die Geschicke der Bank.
Zwar hat sie seit 2008 die Bilanzsumme um fast 50 Prozent auf 113 Milliarden Euro verringert, das Volumen der zu spekulativen Zwecken gehaltenen Wertpapiere (Credit Investment Portfolio) wurde sogar um 75 Prozent auf nur noch 5,5 Milliarden Euro abgebaut. „Wir erfüllen damit auch die gesellschaftliche Norm, dass Banken sich auf ihr Kerngeschäft beschränken sollen“, sagte Finanzvorstand Stefan Ermisch. Der Bestand an Schiffskrediten, der einst bei deutlich mehr als 30 Milliarden Euro lag, ist auf 20 Milliarden Euro geschrumpft.
Die bilanziellen Auswirkungen der Garantien von zehn Milliarden Euro, die Hamburg und Schleswig-Holstein dem Institut zur finanziellen Stützung gewährten, hatten aber auch im Halbjahresabschluss 2014 noch einen maßgeblichen Umfang. Über die Garantiegebühren hinaus, die jährlich an die beiden Länder gezahlt werden – bisher insgesamt rund zwei Milliarden Euro –, musste die Bank auf Verlangen der EU-Kommission in den zurückliegenden Jahren jeweils weitere 400 bis 500 Millionen Euro an Zusatzprämien zurückstellen. Aus diesem Topf buchte man nun 573 Millionen Euro zurück, was zu dem positiven Ergebnis beitrug.
Dem stehen aktuelle Garantieaufwendungen von rund 350 Millionen Euro entgegen. „Wir hätten auch ohne den positiven Sondereffekt einen Gewinn erzielt“, hieß es von der HSH.
Operativ hat sich die Landesbank in den ersten sechs Monaten 2014 gut entwickelt. Das Neugeschäft kletterte um gut zwei Drittel auf 4,5 Milliarden Euro, wozu vor allem der Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung beitrug. „Im Norden läuft eigentlich nichts ohne uns“, sagte der HSH-Chef. Im November soll in diesem Segment ein neuer Standort in Frankfurt eröffnet werden. Auch im Geschäftsfeld Schifffahrt gab es Zuwächse. Hier konzentriere sich die Bank auf kapitalstarke Reedereien im Ausland, hieß es – den deutschen Reedern fehle es an Eigenkapital.
Im Hinblick auf Kredite an den deutschen Mittelstand tat man sich hingegen schwer. „Den Unternehmen geht es gut, wegen der zunehmenden Eigenfinanzierung von Investitionen ist der Kreditbedarf begrenzt, erklärte von Oesterreich: „Für alle Banken ist das Firmenkundengeschäft im Moment eine große Herausforderung.“ Die Bank verzichte bewusst darauf, an Preiskämpfen teilzunehmen.
Aufgrund der Vorsicht, die man auch in den anderen Sparten walten lasse, gebe es nur bei 0,4 Prozent des insgesamt seit dem Jahr 2010 verbuchten Neugeschäfts Probleme bei Zinsen oder Tilgungen.
Allerdings sieht sich die Landesbank in diesem Jahr auch Risikofaktoren gegenüber, die vom eigenen Handeln weitgehend unabhängig sind: Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) prüft derzeit die Bilanzen der 128 bedeutendsten Geldhäuser der Mitgliedsländer, betroffen ist auch die HSH.
Im Oktober folgt ein Stresstest. Berichten zufolge will die EBA die Banken zu einer besonders strengen Bewertung von Schiffskrediten zwingen. Finanzchef Ermisch gab sich angesichts der „soliden“ Kernkapitalquote von 12,8 Prozent aber zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass wir auch dann noch eine Kapitalquote erreichen, die deutlich über der Mindestanforderung liegt – mit der Betonung auf ‚sehr deutlich.‘“
Zu dem Stresstest, der einen Konjunktureinbruch und Zinsschocks simuliert, könne man keine Einschätzung abgeben, weil die Kriterien noch unbekannt seien. Ein Unterschreiten der aufsichtsrechtlichen Anforderungen sei „grundsätzlich nicht auszuschließen“, hieß es. Im Risikobericht zum Halbjahresabschluss weist die HSH darauf hin, was das bedeuten könnte: Ergäbe sich aus den Prüfungen ein zusätzlicher Kapitalbedarf, wären die Anteilseigner – de facto also Hamburg und Schleswig-Holstein – abermals gefragt.