Hamburgs CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich: SPD-Senat betreibt Wahlkampf mit Steuergeld
Hamburg. Das Programmheft der Hamburger Senatskanzlei zur Europawoche Anfang Mai sorgt für heftige Kritik bei der Opposition. „Das ist Wahlbeeinflussung mit staatlichen Mitteln. Gehört der SPD die Stadt?“, empört sich CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich.
Was ist passiert? Auf einer Doppelseite an prominenter Stelle des bunten Heftes wird Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, interviewt. Das Problem: Schulz macht Wahlkampf in eigener Sache. „Martin Schulz zieht als Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten in den Wahlkampf“, steht denn auch über dem Interview. Zwar geht es in dem wiedergegebenen Gespräch um die Europawahl im eigentlichen Sinne, aber Schulz wird auf der Doppelseite auch porträtiert („Zur Person“). Unter anderem wird er als „streitbarer Mann, der sich auch bei sensiblen Themen nicht scheut, seine Meinung zu sagen“, charakterisiert.
Wersich sieht die Neutralitätspflicht des Staates empfindlich verletzt. „Das geht gar nicht. Das Heft muss eingesammelt und eingestampft werden“, sagt der Christdemokrat. „Im Gewand einer neutralen Informationsbroschüre und auf Kosten des Steuerzahlers macht der SPD-Senat eiskalt Wahlkampf für die SPD“, sagt die FDP-Bürgerschafts-Fraktionschefin Katja Suding. „Die SPD überspannt den Bogen. Das ist plumpe Wahlkampfhilfe unter Genossen“, sagt auch Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan.
Dass das Schulz-Interview Probleme aufwerfen kann, wird offensichtlich auch in der Senatskanzlei gesehen. Zwar weist Senatssprecher Jörg Schmoll darauf hin, dass im Interview mit Schulz „in keiner Frage oder Antwort zur Wahl einer Partei oder seiner Person aufgefordert“ wird. Sollten jedoch die Bezeichnung als Spitzenkandidat der SPD oder die Schilderung von Schulz’ Werdegang „auf Kritik stoßen“, so Schmoll, werden die Herausgeber prüfen, „ob und wie bei den noch nicht zur Verteilung gekommenen Exemplaren des Programmhefts eine Umgestaltung unter Verzicht auf diese Angaben möglich ist“. In der Internetfassung würden „die entsprechenden Formulierungen nunmehr zeitnah angepasst, um der Kritik zu begegnen“. Das klingt ein bisschen nach schlechtem Gewissen.
Herausgeber des Hefts sind der Landesverband der Europa-Union und das Staatsamt des Senats.