Nach dem Willen von Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks und Justizsenatorin Jana Schiedek sind mehr Kontrollen und härtere Strafen geplant. Abendblatt-Dossier zu Prof. Dr. Wolfgang Auffermann
Hamburg. Mit einer neuen Initiative will Hamburg Betrügereien im Gesundheitswesen bekämpfen. Nach dem Willen von Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks und Justizsenatorin Jana Schiedek (beide SPD) soll endlich ein neuer Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden (Paragraf 299a), der die Bestrafung von bestechlichen Ärzten, Apothekern und anderen Heilberuflern regelt.
Prüfer-Storcks sagte dem Abendblatt: „Bereits im letzten Jahr haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Korruption im Gesundheitswesen besser bekämpft werden soll. In Zukunft sollen Bestechungen und Bestechlichkeit mit einem eigenen Straftatbestand im Strafgesetzbuch geahndet werden. Die Große Koalition hat diese Forderung aufgegriffen und im Koalitionsvertrag festgeschrieben.“
Hamburg schwebt eine Ermittlungspraxis vor, die man aus organisierter Kriminalität kennt: Telefonüberwachung, das Abfangen von E-Mails, Durchsuchungen. Die Strafen für überführte Täter sollen bis zu drei Jahre Haft, in schweren Fällen bis zu fünf Jahre betragen. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass zum Beispiel niedergelassene Ärzte gar nicht dafür bestraft werden können, wenn sie Geld für die Verordnung bestimmter Arzneimittel annehmen. Diese Gesetzeslücke soll der Vorstoß schließen.
„Wir müssen auch über strafrechtliche Sanktionen sicherstellen, dass ausschließlich medizinische Gründe für eine Therapieentscheidung maßgeblich sind. Das betrifft alle Gesundheitsberufe, nicht nur Ärztinnen und Ärzte. Das Vertrauen der in die Unabhängigkeit ihrer Behandler muss geschützt werden“, so Prüfer-Storcks.
Hintergrund für die BGH-Entscheidung war ein Hamburger Fall, bei dem ein Altonaer Allgemeinmediziner Geld von einer Pharmafirma dafür bekam, dass er vor allem ihre Arzneien verschrieb.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt außerdem seit über einem Jahr in einem der spektakulärsten Fälle von mutmaßlichem Abrechnungsbetrug und dubioser Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker. Dem mit der Praxisklinik-Gruppe Hanserad in die Pleite gerutschten Prof. Wolfgang Auffermann wird vorgeworfen, Kontrastmittel falsch abgerechnet zu haben. Den Schaden schätzen Krankenkassen auf 35 Millionen Euro.
Nach Recherchen des Hamburger Abendblatts gibt es außerdem schwere Vorwürfe gegen weitere Ärzte sowie einen Apotheker aus Ahrensburg. Die Ermittler glauben, ein Geflecht von versteckten Beteiligungen und Zahlungen aufgedeckt zu haben. Auffermann spricht von einer „Verleumdungskampagne“.
Der Chef der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, sagte dem Abendblatt: „Bei den Machenschaften des Herrn Auffermann scheint es sich um einfachen Betrug zu handeln. Und Betrüger gibt es überall – leider auch unter Ärzten.“ Das komplizierte Abrechnungssystem mache es Betrügern leichter. Montgomery sagte: „Die über 99 Prozent anständigen Ärzte wollen nicht länger ertragen, dass weniger als ein Prozent ,schwarze Schafe’ den Ruf einer ganzen Branche ruinieren.“ Unter den Hamburger Ärzten rumort es, weil die Staatsanwaltschaft nach über einem Jahr Ermittlungen Auffermann noch nicht angeklagt hat.
Das Dossier über Auffermanns Aufstieg und Fall lesen Sie hier