Die KKH fordert von Ärzten und Apothekern eine Rekordsumme zurück. Ein Hamburger Fall von Abrechnungsbetrug fiel besonders ins Gewicht.
Hannover/Hamburg. Durch Betrügereien und Korruption im Gesundheitswesen entsteht jedes Jahr ein Schaden von mehreren Milliarden Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen holen sich einen kleinen Teil davon zurück, indem sie Rechnungen auf Abrechnungsbetrug prüfen. Doch bei der gewaltigen Zahl von Arzt-, Apotheken- und Krankenhauskontakten sind es meist nur wenige Fälle, die auffallen.
So hat die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), die ein eigenes Team von Ermittlern hat, im vergangenen Jahr die für sie geltende Rekordsumme von 2,1 Millionen Euro von Ärzten, Apothekern, Therapeuten und anderen zurückgeholt. Das neunköpfige Ermittlerteam habe 566 Betrugsfälle aufgedeckt und in 21 Fällen Strafanzeige erstattet, teilte die KKH am Donnerstag mit.
„Es ist ebenso bedauernswert wie inakzeptabel, dass einige schwarze Schafe im Gesundheitswesen sich illegal und auf Kosten der Allgemeinheit bereichern wollen“, sagt Ingo Kailuweit, Vorstandschef der KKH. „Da derartige Delikte in einem sehr komplexen Umfeld stattfinden, müssen die Ermittlungsbehörden quantitativ und qualitativ noch besser ausgestattet werden.“
Den größten Schaden hat die KKH im Bereich der Apotheken festgestellt. Hierauf entfielen nach Kassenangaben 1,6 Millionen Euro. 600.000 Euro davon stammten aus einem Fall, in dem Ärzte in einem Medizinischen Versorgungszentrum jahrelang Röntgenkontrastmittel falsch abgerechnet haben sollen. Diese Praxisklinik ging in die Insolvenz. Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich um einen Hamburger Fall, in dem auch die Staatsanwaltschaften Kiel und Hamburg ermitteln. Der gesamte Schaden in diesem Fall, so die KKH, liege bei über 30 Millionen Euro.
Bei ambulanten Pflegediensten machte die KKH Schäden von 144.000 Euro geltend. Hierbei werde nicht qualifiziertes Personal eingesetzt, aber Fachleute abgerechnet. „Ein derartiger Betrug hat nicht nur eine finanzielle Dimension, sondern setzt oft die Gesundheit der betroffenen Patienten aufs Spiel“, heißt es bei der KKH.
Bei einem Krankenhaus sei aufgefallen, dass regelmäßig implantierte künstliche Kniegelenke abgerechnet worden seien, obwohl jeweils nur ein künstlicher Meniskus eingesetzt wurde. Auch hier gab es eine Strafanzeige. Der KKH sei hierbei „nur“ ein Schaden von gut 4000 Euro entstanden. „Insgesamt dürfte der Schaden für alle Kassen jedoch beträchtlich sein.“
Die KKH forderte den Gesetzgeber auf, stärker gegen Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen vorzugehen. Hamburg hat bereits eine Initiative gestartet. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung gibt es einen entsprechenden Passus. Dabei geht es vor allem um zwielichtige Zusammenarbeit von Ärzten mit Krankenhäusern oder Pharmaunternehmen, zum Beispiel um Zahlungen oder Prämien für Überweisungen oder das Ausstellen von Rezepten für bestimmte Medikamente.
„Wir freuen uns, dass die Politik damit eine langjährige KKH-Forderung erfüllt und einen entsprechenden Straftatbestand im Strafgesetzbuch verankern will“, sagte Vorstandschef Kailuweit. „Wichtig ist aus unserer Sicht, dass es jetzt zügig vorangeht.“