Damit distanziert sich die Gruppe von Gewaltprotesten. Bürgerschaftsfraktionen rufen zum Gewaltverzicht auf. Wo die für den Nachmittag geplante Kundgebung stattfindet, wird vor Gericht entschieden.

Hamburg. Die Gruppierung Lampedusa in Hamburg hat ihren geplanten Protestzug am Sonnabend durch die Hamburger Innenstadt abgesagt. Zu der Adventsdemonstration um die Binnenalster waren rund 800 Menschen erwartet worden.

In einer Stellungnahme begründe die Gruppe den Schritt damit, dass man sowohl das massive Polizeiaufgebot kritisiert, das die jüngsten Demonstrantionen begleitet hatte, als auch gewalttätige Auseinandersetzungen, mit denen man nicht in Verbindung gebracht werden möchte:

„Wir sind uns sicher: Auf unserer vierten Adventsdemo am Sonnabend (21.12.) würden weitere Provokationen stattfinden, allein aufgrund des massiven Polizeiaufgebots, mit dem die Stadt auf die Mobilisierung für den Erhalt des linken Kulturzentrums “Rote Flora” reagiert. Doch wir werden nicht zulassen, dass mit unserem Protest dieses Spiel getrieben wird. Darum werden wir statt der Demo nur eine Kundgebung – ab 12 Uhr am Protestzelt – abhalten. Alle Unterstützer_innen sind herzlich willkommen!“

Die Gruppe Lampedusa hatte bereits an den vergangenen drei Sonnabenden im Advent gegen die Flüchtlingspolitik des Senats protestiert. In der aktuellen Stellungnahme beklagt sie auch das Polizeiaufgebot, das von Mal zu Mal verstärkt worden sei, ohne dass man sich etwas habe zuschulden kommen lassen.

„Wir wollen darauf hinweisen, dass, obwohl so viele Menschen an unseren Demonstrationen teilnehmen, es nie zu Straftaten oder Gewalttaten kam. Dies zeigt die Disziplin, Selbstkontrolle und Kraft unserer friedlichen Protestbewegung. Gewalt auf der Straße wurde nicht von Mitgliedern von ‚Lampedusa in Hamburg‘ ausgeübt. Gewalt trat als Reaktion auf Staatsgewalt auf.“

Kundgebung am Nachmittag: Eilantrag des Veranstalters

Ebenfalls am Sonnabend sind zwei weitere große Protestaktionen geplant. Die größte Demo wird um 15 Uhr auf der Schanze beginnen. Es wird dort für den Erhalt der Roten Flora und rund um die Entwicklung der Esso-Häuser demonstriert. Die Route der Demo verläuft von der Roten Flora über den Neuen Pferdemarkt und die Budapester Straße bis zur Reeperbahn und von dort über die Talstraße über den Neuen Kamp und die Feldstraße zur Glacischaussee, wo eine Abschlusskundgebung stattfinden soll.

Eine weitere Protestveranstaltung, die nach Willen der Veranstalter auf dem Adolphsplatz in der Innenstadt stattfinden sollte, wurde von der Polizei an den Sternschanzenbahnhof verlegt. Das will der Veranstalter aber nicht hinnehmen und hat Donnerstagmittag beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen die Verlegung eingereicht. Das bestätigte ein Sprecher des Gerichts. Eine Entscheidung wird am Freitag erwartet. Es ist davon auszugehen, dass die Angelegenheit anschließend noch am Oberverwaltungsgericht landet und erst kurzfristig entschieden wird, wo die Kundgebung stattfindet.

Die Polizei bereitet sich auf ein schwieriges Wochenende vor. „Es wird sicherlich ein schwieriger Einsatz werden", sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin. „Bundesweit wird seit Wochen stark mobilisiert.“

Die Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes hat ihre Lageeinschätzung zur Demonstration am Sonnabend abgegeben. Danach werden 3000 Krawallmacher aus der linken Szene zu dem Aufzug erwartet, der durch da Schanzenviertel und St. Pauli führt. 1500 gelten als gewaltbereit. 1500 als gewaltorientiert. Der Unterschied: Die gewaltbereiten fangen mit Ausschreitungen an. Gewaltorientierte machen dann mit. Ingsgesamt werden zu der Demonstration 4000 bis 6000 Teilnehmer erwartet.

Bürgerschaftsfraktionen fordern friedliche Proteste

Die Hamburger Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP und Linke rufen mit Blick auf die angekündigten Demonstrationen zum Verzicht auf Gewalt auf. „In Sachen Flüchtlingspolitik und Rote Flora kann man streiten und demonstrieren – aber bitte friedlich und gewaltfrei!“, heißt es in dem Aufruf.

„Wir verteidigen die Demonstrationsfreiheit als wichtigstes demokratisches Grund­recht zur öffentlichen Meinungsäußerung für jedermann – aber Demonstrationen müssen friedlich und gewaltfrei sein. Niemand hat das Recht, durch gewaltsame Aktionen seine Meinung zu vertreten oder gegen die Meinungsäußerung anderer vorzugehen“, so die Fraktionen weiter. „Wir fordern alle Hamburgerinnen und Hamburger auf, unterschiedliche Auf­fassungen über die richtige Flüchtlingspolitik, aber auch über die Zukunft der Roten Flora demokratisch und friedlich aus­zutragen und jegliche Anwendung von Gewalt zu ächten.“