Schon jetzt sind die Anlaufstellen in Hamburg voll. Auch weil viele Osteuropäer Betten suchen. Der große Frosteinbruch kommt aber erst noch.
Hamburg. Rund zwei Wochen nach dem Start des Winternotprogramms für Obdachlose in Hamburg sind bereits alle Plätze belegt. Daher fordert der Sozialarbeiter der Obdachlosenzeitung „Hinz&Kunzt“, Stephan Karrenbauer, die Bereitstellung zusätzlicher Schlafplätze. „So lange Leute vor der Tür stehen und sagen, ich brauche ein Bett, so lange müssen weitere Plätze zur Verfügung gestellt werden“, sagte Karrenbauer.
Dabei wurden nach Angaben der Sozialbehörde erst in der Nacht zu Donnerstag 60 zusätzliche Betten am zentralen Standort in der Innenstadt aufgestellt, nachdem Temperaturen unter Null Grad vorausgesagt worden waren. Auch diese Extra-Betten würden in diesem Winter garantiert belegt sein, meinte Karrenbauer. Die Sozialbehörde merkte an, man werde weitere Plätze als Notfallreserve vorhalten.
Seit dem Start des Winternotprogramms am 1. November stehen Obdachlosen in Hamburg zudem 252 zusätzliche Schlafplätze bereit, um sich vor Kälte zu schützen. „Die Plätze waren innerhalb von drei Tagen weg, obwohl noch kein Frost da war“, berichtete Karrenbauer. So hätten vor den Wohn-Containern in der Bundesstraße einige Leute schon 36 Stunden vor dem Start des Winternotprogramms vor der Tür gecampt. Denn damit hätten sie bis April einen Platz sicher. „Das ist quasi eine kleine Mini-Wohnung“, sagte Karrenbauer. Insgesamt gibt es laut Sozialbehörde in der Hansestadt derzeit 53 öffentlich-rechtliche Einrichtungen mit rund 8300 Plätzen für Obdachlose.
Der wachsende Zustrom von Arbeitssuchenden aus Osteuropa hat die Lage nach Karrenbauers Einschätzung deutlich verändert. „Wir haben seit ein, zwei Jahren das neue Phänomen, dass sehr viele Osteuropäer hier in Hamburg gestrandet sind“, so der „Hinz&Kuntz“-Sozialarbeiter. Der Druck auf diese Leute sei enorm. „Man hört immer wieder, dass Rumänen in Zimmern gestapelt werden und fünf Euro pro Bett pro Nacht zahlen“. Am zentralen Standort in der Spaldingstraße sind laut Sozialbehörde 95 Prozent der Betten von ausländischen Obdachlosen belegt. Den Großteil machen Bürger aus Osteuropa aus.
Mit Blick auf diese veränderte Situation erläuterte Karrenbauer, dass der Verteilungskampf auf der Straße viel stärker als noch vor fünf oder zehn Jahren sei. Dies verlangt von den zuständigen Einrichtungsleitern und Sozialarbeitern viel Fingerspitzengefühl. „Man muss aufpassen, dass nicht bei den Obdachlosen ein Rassismus aufkommt nach dem Motto: „Der Rumäne nimmt mir das auch noch weg“, sagte Karrenbauer. So gebe es zwischen Osteuropäern und deutschen Obdachlosen verbale Auseinandersetzungen ohne Ende. Zu größeren Handgreiflichkeiten sei es aber noch nicht gekommen.
Nach Angaben der Sozialbehörde nahmen im vergangenen Winter 1660 Menschen das Winternotprogramm in Anspruch – dies entsprach einer Auslastung von fast 100 Prozent. Es sei das größte Winternotprogramm in der Geschichte Hamburgs gewesen, so Karrenbauer. Zudem sei es positiv, dass die Sozialbehörde unter Senator Detlef Scheele (SPD) „das Phänomen der steigenden Zahl osteuropäischer Obdachloser“ wahrgenommen habe. So gibt es in der Hansestadt seit dem vergangenen Jahr eine Anlaufstelle speziell für osteuropäische EU-Bürger.