Das Hamburger IT-Unternehmen Vesseltracker liefert aktuelle Daten mithilfe des Automatischen Identifikationssystems (AIS).

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Der Segler "Wilhelm Ludwig", so meldet der Hamburger Kaufmann Valentin Lorenz Meyer 1843 aus Singapur ans heimatliche Kontor, wird auf der Reise nach China hinter der indonesischen Insel Palawan von einem "schleusenartigen Strom" aufs Trockene gesetzt und landet nach weiteren Abenteuern schließlich auf den Philippinen, "nachdem längst Mann und Maus für verloren galten". Die "Hohenzollern" läuft vor Amoy auf einen Felsen, die "Hebe" verschwindet spurlos, auch von manchem anderen Schiff weiß niemand, ob Piraten es versenkten oder ein Taifun es verschlang.

165 Jahre nach der Odyssee der "Wilhelm Ludwig" herrscht in Orientierungsfragen kurzfristig Klarheit - per Mausklick: Das Hamburger IT-Unternehmen Vesseltracker liefert Reedern, Schiffsmaklern und -ausrüstern, Werften und sogar Hafenbehörden aktuelle Positionsdaten über so gut wie alles, was auf Elbe, Nordsee und anderen Meeren unterwegs ist.

Das Hamburger Abendblatt macht diesen Service von heute an auch seinen Leserinnen und Lesern zugänglich, kostenlos und mit zahlreichen Zusatzinformationen, die es so nur auf www.abendblatt.de gibt: "Wir haben mit Vesseltracker rechtzeitig zu den Cruise Days einen Exklusivvertrag abgeschlossen", sagt Steffen Grix, der in der Axel Springer AG die IT-Projekte der Zeitungsgruppe Hamburg koordiniert. "Unsere Website zeigt ab sofort, wo welches Schiff in Hamburg, auf der Unterelbe bis Cuxhaven, in der Lübecker Bucht und in der Kieler Förde fährt, ankert oder liegt. Dazu gibt es Fotos und aktuelle Meldungen der Schifffahrtsredaktion. Damit kann sich jeder zu jeder Stunde über alle Schiffe und Schiffsbewegungen im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung exakt und gründlich informieren."

Möglich macht den maritimen Bewegungsmelder eine neue Technologie, mit der nach den Bestimmungen der International Maritime Organisation (IMO) bis 1. Juli dieses Jahres alle Schiffe ab 300 BRZ aus- oder nachgerüstet sein müssen: Das Automatic Identification System (AIS) soll durch den ständigen Austausch von Navigations- und anderen Daten per Funk die Sicherheit des Schiffsverkehrs und das Flottenmanagement verbessern. Auch Segler, einige Sportboote, Kriegsschiffe und Polizeiboote haben AIS an Bord; die Ordnungshüter schalten das Gerät im Einsatz allerdings aus.

Die Daten entsprechen den Ansprüchen und Möglichkeiten der modernen Informationsgesellschaft: Zu den statischen Schiffsdaten zählen Rufzeichen und Name, Länge und Breite, Schiffstyp, IMO-Nummer und die Maritime Mobile Service Identity (MMSI), eine Art unverwechselbare Fahrgestellnummer.

Die dynamischen Schiffsdaten umfassen Navigationsstatus, Position, Kurs über Grund (COG), Geschwindigkeit über Grund (SOG), Vorausrichtung (Heading) und Drehrate (ROT). Zu den Reisedaten gehören Tiefgang, Reiseziel und geschätzte Ankunftszeit sowie Hinweise auf eventuell an Bord befindliche Gefahrgüter. Navigationsstatus und Reisedaten müssen vom Wachhabenden Offizier auf der Brücke manuell eingegeben werden.

Vesseltracker fängt diese Daten mit eigenen Antennen auf und arbeitet sie auf Karten und Satellitenfotos des Internet-Programms "Microsoft Virtual Earth" ein. Das Hamburger Abendblatt nutzt für seinen Service dagegen die Karten der weltweit führenden Suchmaschine: "Google Earth" bietet eine Fülle von Details, die eine rasche Orientierung erleichtern.

Die Verzögerung der Positionsmeldungen gegenüber der Echtzeit beträgt nur eine Stunde. Die Schiffe sind durch grafische Symbole dargestellt. Wer sie anklickt, erhält weitere Informationen, etwa Fotos, die ebenfalls von Vesseltracker zugeliefert werden. Die Aufnahmen stammen von "Shipspottern", jener Gemeinde von Hobbybeobachtern, die in den Häfen und auf den Meeren der Welt Seefahrzeuge aller Art fotografieren und oft unter Künstlernamen via Internet an die Hamburger Schiffsbeobachter schicken.

Besonders fleißig ist der Shipspotter "MSC Michi". Hinter diesem Namen verbirgt sich der Offiziersanwärter Michael Schindler aus Bremen, der wohl auf der Brücke eines Containerriesen der Mediterranean Shipping Company steht. Er lud bereits über 7000 Schiffsbilder in den Vesseltracker-Server hoch.

Während der Hamburg Cruise Days 2008 vom 30. Juli bis zum 3. August lassen sich die sieben beteiligten Schiffe, darunter die "Queen Mary 2" und die "Aidaaura" online sogar in Echtzeit verfolgen. Die QM2 pflügt zur Stunde durch den Nordatlantik und kommt am nächsten Mittwoch in Hamburg an. Die "Aidaaura" war gestern noch auf den Färöern zu sehen.

"Unser Service ist zum Beispiel all jenen Abendblatt-Lesern gewidmet, die etwa die Fahrt der "Queen Mary 2" auf der Elbe zum Kreuzfahrtterminal in der HafenCity am Computer verfolgen und erst dann losfahren wollen, wenn sie wirklich da ist", sagt IT-Manager Grix. Zu einem späteren Zeitpunkt können sich Leser wohl auch per E-Mail oder SMS auf das Handy über bestimmte Schiffsbewegungen informieren lassen. Ein ähnlicher Sonderservice wie zu den Cruise Days ist auch zum Hafengeburtstag während der Kieler Woche, der Travemünder Woche oder anderer maritimer Großveranstaltungen denkbar. Die Abendblatt-Redaktion steuert exklusive Fotos und Berichte bei, die unter den Karten platziert sind. Der neue Abendblatt-Service wurde von Grix, der auch die Idee hatte, mit seinem Team in nur sechs Wochen realisiert. "Jetzt", sagt der IT-Manager, "hoffen wir natürlich, dass unser Angebot bei der Leserschaft ankommt" - auch wenn es auf der Elbe heute anders als zu Valentin Lorenz Meyers Zeiten weder "schleusenartige Strömungen" noch Taifune oder Piraten gibt.

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