Ergebnis der Landesbank sinkt um 80 Prozent. Ursache war stark erhöhte Risikovorsorge in Schifffahrtssparte. Muss der Steuerzahler einspringen?
Hamburg. Die desolate Lage der Reeder wirft die HSH Nordbank auf ihrem Sanierungsweg weit zurück. Bankchef Paul Lerbinger macht auf der Halbjahrespressekonferenz gar nicht erst den Versuch, das Marktumfeld zu beschönigen: "Für die Seeschifffahrt kommt es knüppeldick. Die Stimmung in der Branche ist so schlecht wie lange nicht." Die Grafiken, mit denen er seine Bestandsaufnahme illustriert, sprechen eine deutliche Sprache: Die Wirtschaftswachstumsraten in Deutschland und in China sinken, die Frachtraten ebenso, gleichzeitig steigt der Ölpreis trotz der schwachen Konjunktur.
Damit stehe die "für Hamburg und für den gesamten Norden so bedeutende Branche der Reeder" vor "immensen Herausforderungen" - und mit ihr die finanzierenden Banken. Vor allem aber macht sich Lerbinger auch keine Hoffnungen auf eine baldige Verbesserung im Schifffahrtssektor: "Wir erwarten den Tiefpunkt erst in den kommenden zwölf bis 18 Monaten."
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Für die Bank hat dieser Wirtschaftszweig existenzielle Bedeutung, denn die Schiffskredite machen mit einem Volumen von 36 Milliarden Euro einen hohen Anteil an der Bilanzsumme von 138 Milliarden Euro aus. Letztere hat - entgegen der von der EU-Kommission geforderten Verringerung auf 120 Milliarden Euro bis 2014 - im Vergleich zum Vorjahresstichtag um zwei Milliarden Euro zugenommen, weil Schiffskredite fast ausschließlich in Dollar ausgelegt werden und die US-Währung in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt hat.
In den HSH-Zahlen hat die Krise der Reeder tiefe Spuren hinterlassen. Im zweiten Quartal stand ein Minus von 58 Millionen Euro, sodass der Konzerngewinn nach dem ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast 80 Prozent auf 70 Millionen Euro einbrach. Ursache dafür war vor allem die stark erhöhte Risikovorsorge in der Schifffahrtssparte.
Dabei ist das Institut bei seiner Neuausrichtung zur "Bank für Unternehmer" durchaus weiter vorangekommen. So hat sich das Neugeschäft im Halbjahr auf 2,9 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Auch in Zukunft wolle man Chancen am Markt risikobewusst nutzen, sagte Lerbinger: "Die HSH Nordbank steht zu ihrer Verantwortung für die Kreditversorgung der regionalen Wirtschaft, auch in schwierigen Zeiten." Die Kosten wurden weiter reduziert. Ohne Berücksichtigung von im vorigen Jahr neu konsolidierten Firmen ist die Mitarbeiterzahl unter die Marke von 3000 gesunken; Zielgröße für 2014 sind 2300 Beschäftigte.
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Zwar will die Bank nach den Worten von Lerbinger "alles daransetzen, das Jahr 2012 nicht mit Verlust abzuschließen". Angesichts des Umfelds sei eine seriöse Ergebnisprognose derzeit aber kaum möglich.
Die schwierige Lage der HSH wird auch bei den Hauptanteilseignern, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, mit Sorge gesehen. Die Bank sei immer noch das größte finanzielle Risiko für die Stadt, hatte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) vor Kurzem ausdrücklich betont. Das wurde nun bestätigt. Denn die rechnerische Wahrscheinlichkeit, dass die Bank die Milliarden-Garantie der Länder in Anspruch nehmen werde, ist von 38,8 auf 41,4 Prozent gestiegen.
Das verbirgt sich hinter diesem Wert: Die beiden Länder hatten der strauchelnden Bank 2009 drei Milliarden Euro frisches Kapital sowie eine Garantie über zehn Milliarden Euro gestellt. Damit sollten mögliche Verluste aus den bestehenden Geschäften - seinerzeit gut 200 Milliarden Euro - abgesichert werden. Allerdings muss die HSH von diesen Verlusten die ersten 3,2 Milliarden Euro aus eigener Kraft tragen ("Erstverlusttranche"). Erst darüber hinaus darf die "Zweitverlustgarantie" der Länder angeknabbert werden.
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Davon ist die HSH noch weit entfernt. Bislang hat sie 233 Millionen Euro Verlust realisiert, hat also noch fast drei Milliarden Euro Luft, bevor es ans Geld der Länder geht. Daher hatte sie die Garantie auch bereits von zehn auf sieben Milliarden Euro reduziert und musste dafür im ersten Halbjahr "nur" noch 141 Millionen Euro Gebühr an die Länder zahlen. Allerdings nutzt sie die Garantie bereits bilanziell: Eigene Risiken werden durch mögliche Forderungen an die Länder in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro ausgeglichen. Das entlastet die Bilanz. Zumindest auf dem Papier sind daher von der Garantie nur noch gut fünf Milliarden Euro übrig.
Aus Sicht der FDP-Bürgerschaftsfraktion wird eine Inanspruchnahme der Länder "immer wahrscheinlicher", so Wirtschaftsexperte Thomas-Sönke Kluth. Er sieht auch einen Zusammenhang zum Einstieg der Stadt bei der Reederei Hapag-Lloyd: "Der Staatsreeder Olaf Scholz hat den Staatsbanker Olaf Scholz offensichtlich nicht zur Schifffahrtskrise befragt." Norbert Hackbusch (Linkspartei) nannte die Lage der HSH "überaus beunruhigend".