Der ehemalige Bundesarbeitsminister erhielt auf dem Parteitag 97 Prozent der Stimmen und bleibt Hamburgs SPD-Vorsitzender.

Hamburg. Hamburgs im Amt bestätigter SPD-Chef Olaf Scholz hat mit harscher Kritik an Schwarz-Grün den nächsten Bürgerschaftswahlkampf eröffnet. Der reguläre Urnengang sei zwar erst für Februar 2012 vorgesehen, sagte Scholz am Freitagabend auf einem SPD-Parteitag in Hamburg. Aber mit Blick auf die angebliche Amtsmüdigkeit von CDU-Bürgermeister Ole von Beust betonte er, aus Sicht der SPD dürfe die Wahl jederzeit kommen. „Wir sind bereit.“ SPD-Fraktionschef Michael Neumann rief nach dem Rücktritt von CDU-Chef und Finanzsenator Michael Freytag in Richtung Bürgermeister: „Herr von Beust, machen Sie den Freytag.“

Die Parteitagsdelegierten quittierten Scholz’ rund 45-minütige Rede mit Applaus im Stehen und bestätigten den 52-Jährigen im Anschluss mit dem Traumergebnis von knapp 97 Prozent aller Stimmen im Amt. 293 von 303 Delegierten stimmten für den früheren Bundesarbeitsminister, 9 gegen ihn. Einer enthielt sich der Stimme. Scholz war im November 2009 nach dem katastrophalen Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl auf den zurückgetretenen Ingo Egloff gefolgt. Damals erhielt er rund 94 Prozent der Stimmen. Zuvor war Scholz zwischen 2000 und 2004 schon einmal Hamburger SPD- Vorsitzender. Damals erhielt er knapp 85 Prozent der Stimmen, bei seiner Wiederwahl 2002 kam er auf knapp 77 Prozent.

Fraktionschef Neumann forderte Scholz unter dem Beifall der Genossen auf, die SPD-Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl rasch zu übernehmen. Nach Scholz’ Interview-Äußerungen, dass er sich erst in etwa einem Jahr dazu äußern wolle, sagte Neumann mit Blick auf die zahlreichen Genossen im Bürgerhaus Wilhelmsburg: „Wir sind uns einig, dass Du dich nicht mehr entscheiden musst, unser Bürgermeister zu werden.“ Dem amtierenden Regierungschef Beust attestierte Neumann dagegen Perspektiv- und Kraftlosigkeit. Deshalb vergehe auch kaum ein Tag, an dem CDU-Chef Frank Schira und Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) „mit ihrer Präpotenz“ nicht versuchten, Beust zu demontierten.

Scholz nutzte seinen Auftritt für eine flammende Wahlkampfrede. Zunächst kritisierte er die schwarz-gelbe Bundesregierung scharf, warf ihr eine unseriöse und ungerechte Politik vor. Ähnlich äußerte er sich über Bürgermeister Beust, dem nach neun Jahren im Amt nun aufgefallen sei, dass sein Haushalt ein strukturelles Problem habe. „Wir haben die wirtschaftsfeindlichste Regierung seit 1946“, betonte Scholz. Und auch bei der inneren Sicherheit zeige sich der Senat hilflos. Es würden Polizeiwachen überfallen, die Gewalttaten Jugendlicher häuften und beinahe täglich würden in der Stadt Autos angezündet. „Die CDU und ihre Innensenatoren sind nicht in der Lage, dem entgegenzutreten“, sagte Scholz - und fügte an: „Die Menschen wollen, dass Schwarz-Grün bald zu Ende geht.“

Noch vor zwei Jahren sei das bundesweit erste schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene euphorisch gefeiert worden, sagte Neumann. „Doch heute redet niemand mehr über ein Pilotprojekt, niemand sagt mehr, das sei ein Modell für andere Bundesländer.“ Heute regiere in Hamburg das Mittelmaß. Es herrsche Stillstand und Beust stehe vor den Trümmern seiner Politik. „Es ist Zeit für den Wechsel“, sagte Neumann. Der Parteitag wird am Sonnabend fortgesetzt. Dann wird der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier in der Hansestadt erwartet.