Steinmeier deutete indirekt an, dass der wieder gewählte Olaf Scholz der geeignete Spitzenkandidat bei der Bürgerschaftswahl sei.

Hamburg. SPD-Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gibt dem schwarz-grünen Senat in Hamburg keine lange Lebensdauer mehr. „In der Landesregierung geht nicht mehr viel zusammen. Das ist eine Zusammensetzung, die nicht auf die Zukunft ausgerichtet ist“, sagte Steinmeier am Rande des SPD-Landesparteitages im Bürgerhaus Wilhelmsburg, wo er am Sonnabend eine Rede hielt. Er sei gespannt, wie lange CDU und GAL noch durchhielten.

Steinmeier deutete indirekt an, dass der am Freitag mit 96,7 Prozent wieder gewählte SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz aus seiner Sicht der geeignete Spitzenkandidat bei der nächsten Bürgerschaftswahl sei. „Ich schätze ihn sehr und arbeite seit Langem mit ihm zusammen“, sagte der Ex-Außenminister über den früheren Bundesarbeitsminister. „Die SPD wird zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung treffen. Olaf Scholz verhält sich in der politischen Auseinandersetzung in Hamburg ausgesprochen klug“, ergänzte der Bundestags-Fraktionschef.

Zuvor hatte Steinmeier in einer kämpferischen Rede, mit der der zweite Tag des Landesparteitages eröffnet wurde, die schwarz-gelbe Bundesregierung hart attackiert. „Wir sollten nicht auf die französische Nationalmannschaft schimpfen, solange wir diese Bundesregierung haben“, rief Steinmeier den Genossen zu. „Da geht jeder auf jeden los. Das ist Zankerei auf Kindergartenniveau und Leistungsverweigerung auf dem Platz“, so der Sozialdemokrat.

„Bundeskanzlerin Merkel schreitet von Gipfel zu Gipfel“, sagte Steinmeier in Anspielung auf den G.20-Gipfel in Kanada. „Sie steht mit beiden Füßen in den Wolken, aber sie weiß nicht mehr, was bei den Leuten los ist.“ Die Quittung sei der Absturz der Koalition in den Umfragen. „Wenn es so weitergeht, ist das untere Ende noch nicht erreicht“, so der Sozialdemokrat.

Steinmeier forderte Union und FDP auf, die Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni nicht durch Parteitaktik zu beschädigen. „Ich appelliere an Frau Merkel und Herrn Westerwelle: Machen Sie die Delegierten der Bundesversammlung nicht zu bloßen Schachfiguren auf dem Schachbrett der Machtarithmetik. Geben Sie die Wahl frei!“, rief der Fraktionschef. Weder Kungelei noch Parteiräson dürften darüber entscheiden, ob der SPD-Grünen-Kandidat Joachim Gauck (parteilos) oder der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der Kandidat von Union und FDP, Bundespräsident werde.

Die SPD-Delegierten reagierten auf die Rede des Ex-Außenministers, indem sie stehend applaudierten. Am frühen Nachmittag wurde der Parteitag mit der Beratung zahlreicher Anträge vor allem zur Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik fortgesetzt.