Einer der beschuldigten ehemaligen Berliner Lehrer hat sexuelle Übergriffe zugegeben. Er hat auch an einer Hamburger Schule gearbeitet.

Berlin/Hamburg. Nach dem Missbrauchsskandal in einer Berliner Elite-Schule will das Erzbistum Hamburg klären, ob es in einer Schule der Hansestadt zu ähnlichen Übergriffen gekommen war. Ein Jesuitenpater, der bereits eingeräumt hatte, Schüler des katholischen Canisius-Kollegs in Berlin missbraucht zu haben, hatte laut Bistum von 1979 bis 1982 an der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule unterrichtet. Bislang gebe es aber keine Hinweise, dass es dort ebenfalls zu sexuellen Übergriffen gekommen sei, sagte Bistums-Sprecher Manfred Nielen. „Wir bemühen uns um Aufklärung."

Der frühere Sportlehrer Wolfgang S. schrieb in einer vom Spiegel veröffentlichten Erklärung, er habe „jahrelang Kinder und Jugendliche unter pseudopädagogischen Vorwänden missbraucht und misshandelt“. Der zweite Beschuldigte bestritt demnach sämtliche Vorwürfe.

In dem Brief an seine ehemaligen Schüler schrieb S. laut Spiegel: „Was ich dir und euch angetan habe, tut mir leid. Und falls du fähig bist, mir diese Schuld zu vergeben, bitte ich darum.“ Das Schreiben ist demnach datiert auf den 20. Januar. Dem Magazin sagte der ehemalige Priester, er sei mit seiner Vergangenheit vor Gott und der Welt im Reinen. S. trat dem Bericht zufolge 1992 aus dem Orden aus. Davor soll er demnach aber auch an anderen Jesuitenschulen in Deutschland Jungen missbraucht haben. Dies wolle S. heute nicht kommentieren, berichtete der Spiegel. Der ehemalige Pater war demnach in Hamburg und im Südschwarzwald tätig gewesen.

Der heute in Südamerika lebende 65-Jährige gab an, bereits 1991 seine „damaligen deutschen Provinzialoberen eingehend über meine verbrecherische Vergangenheit informiert“ zu haben. Auch der Vatikan sei laut S. über die Verfehlungen im Bilde gewesen, schrieb der Spiegel. Der heutige Provinzialrat der Jesuiten in Deutschland, Stefan Dartmann, sagte dem Spiegel, dass der Orden Kenntnis von den Straftaten des Paters am Canisius-Kolleg hatte. Der Orden habe jetzt eine Anwältin mit einer Prüfung der Akten beauftragt, „um festzustellen, was genau die Jesuiten damals wussten und welche Konsequenzen erfolgten“.

Der zweite Beschuldigte ist laut Spiegel der ehemalige Religionslehrer Peter R. aus Berlin. Der 69-Jährige sei für eine Stellungnahme nicht zu erreichen gewesen. Er habe die Vorwürfe vor Vertretern des Canisius-Kollegs bestritten.

Der Rektor des Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, hatte in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Brief an 500 ehemalige Schüler geschrieben, dass mindestens zwei katholische Pater in den 70er und 80er Jahren die Straftaten begangen hätten. Bis Freitag meldeten sich laut Spiegel rund 20 ehemalige Schüler, die von sexuellen Übergriffen berichteten. Das Berliner Landeskriminalamt nahm Ermittlungen auf.

Die Mediatorin Ursula Raue, Ansprechpartnerin für Opfer sexuellen Missbrauchs durch Jesuiten, sagte der Berliner Morgenpost (Sonntagsausgabe), es gehe um sexuelle Übergriffe. Die Rede sei von unangenehmen sexuellen Berührungen und von Selbstbefriedigung. Die Opfer seien damals Pubertierende gewesen. Viele hätten aber mit niemandem darüber gesprochen. Bei Kindern und Jugendlichen sei das Schamgefühl stark ausgeprägt. Viele hätten auch Schuldgefühle.

Rektor Mertes griff die katholische Kirche scharf an: Die Kirche leide an Homophobie, Homosexualität werde verschwiegen, sagte Mertes laut Tagesspiegel am Sonntag. Kleriker mit homosexueller Neigung seien unsicher, ob sie bei einem ehrlichen Umgang mit ihrer Sexualität noch akzeptiert würden. Die kirchlichen Lehren zur Sexualität hätten sich derart weit vom realen Alltag und den Fragestellungen junger Menschen entfernt, dass zwischen der Kirche und der jungen Generation Sprachlosigkeit herrsche.