Weil vor dem Verzehr von spanischen Gurken gewarnt wurde, will der Frunet Geld. Behörde beharrt darauf, dass die Warnung richtig war.

Hamburg. Nach der verfrühten Warnung vor spanischen Gurken während der EHEC-Epidemie geht der juristische Streit zwischen der Hamburger Gesundheitsbehörde und dem Gemüsehändler Frunet in die nächste Runde. Das spanische Unternehmen reichte vor dem Landgericht eine Millionenklage gegen die Stadt ein. Frunet fordert knapp 2,3 Millionen Euro Schadenersatz, weil Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) im Frühjahr aus Sicht der Firma voreilig vor dem Verzehr spanischer Gurken gewarnt hatte. Die Behörde bestätigte den Eingang der Klage am Donnerstag.

Nach dem Fund von EHEC-Erregern an vier Salatgurken in Hamburg hatte die Behörde am 26. Mai Frunet-Gurken als eine erste Infektionsquelle bezeichnet. Kurz darauf musste sie einräumen, dass es sich nicht um den EHEC-Stamm gehandelt hatte, der zur Epidemie geführt hatte.

Bereits im Juni hatten sich beide Seiten vor dem Verwaltungsgericht geeinigt. Ein Anliegen der Spanier war die Klarstellung, dass die bundesweite Aufhebung der Warnung vor dem Verzehr von Gurken, Salat und Tomaten auch die Produkte von Frunet umfasste. Daraufhin hatte Frunet seine Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen.

Frunet-Gründer Antonio Lavao hatte die Entscheidung damals als ersten Schritt bezeichnet, um das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Das Unternehmen, angesiedelt in der Provinz Malaga, beschäftigt etwa 120 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 15 Millionen Euro. Frunet ist eigenen Angaben zufolge auf die Aufbereitung und den Vertrieb von ökologischem Obst und Gemüse spezialisiert. Die Ware geht überwiegend an Supermärkte und Naturkost-Großhändler in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Skandinavien. 80 Prozent der Ware gehen ins Ausland, davon 30 Prozent nach Deutschland.

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Die Gesundheitsbehörde weist die nun in dieser Woche eingegangene Schadenersatzforderung zurück, da die Warnung vor Gurken des Unternehmens notwendig und richtig war, wie es von einem Sprecher hieß. Die Behörde vertrete weiter die Position, „dass vor Lebensmitteln, die offenbar Verunreinigungen aufweisen, die für Verbraucher gesundheitsgefährdend sein können, öffentlich gewarnt werden muss“. Der Schutz der Gesundheit gehe dabei vor wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen.

Die damalige Vorgehensweise war von der Bundesregierung und dem für Verbraucherschutz zuständigen EU-Kommissar John Dalli unterstützt worden. So ist die Gesundheitsbehörde „von der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit ihres Handelns weiter überzeugt“. Darüber hinaus werde man sich aus Gründen des laufenden Verfahrens vorerst nicht weiter öffentlich zu den Forderungen von Frunet äußern.

Nach Angaben einer Sprecherin des Landgerichts befindet sich der Fall mit Aktenzeichen 3030379/11 derzeit im schriftlichen Vorverfahren. Die Stadt habe nun die Gelegenheit zur Stellungnahme. Vor Ende Januar sei nicht mit weiteren Schritten zu rechnen, sagte die Sprecherin auf dapd-Anfrage.

Die größte EHEC-Infektionswelle der deutschen Geschichte hatte Anfang Mai begonnen, als sich ein Mann aus Aachen und eine Frau aus Niedersachsen als erste mit dem Darmbakterium des aggressiven Typs O104:H4 infizierten. Knapp 4.000 Erkrankte folgten, am Ende waren 53 Menschen an dem Erreger und dessen schweren Verlauf mit Nierenschäden, dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), gestorben.

Von der Erkrankungswelle betroffen waren zudem aufgrund der Verzehrwarnungen des Robert-Koch-Institutes europaweit Landwirte. Sie mussten Umsatzeinbußen hinnehmen und wurden von der EU mit einem Entschädigungsfonds in Höhe von 210 Millionen Euro unterstützt. (dapd)