Die Bewohner haben eine Petition beim Eingabenausschuss der Bürgerschaft eingereicht und damit eine weitere Gnadenfrist erkämpft.

Hamburg. Eine Räumung des Bauwagenplatzes Zomia ist trotz Ultimatum vorerst nicht in Sicht. Wie der Chef des Bezirksamtes Mitte, Markus Schreiber (SPD), mitteilte, hat die Rechtsanwältin der Gruppe eine Petition in den Eingabenausschuss der Bürgerschaft eingebracht und damit eine Räumung vorerst abgewendet. Ob der Bauwagen-Fall als sogenannter Härtefall aufgenommen wird, wird vom dem Ausschuss-Gremium frühestens am Montag entschieden. Würde er angenommen, kann sich eine Entscheidung über die Zukunft der Bauwagen noch mehrere Wochen hinziehen – denn nach Hamburgischem Recht hat die Petition aufschiebende Wirkung. Im Fall einer Ablehnung steht die vom Oberverwaltungsgericht bereits bestätigte Räumung des Bauwagenplatzes Anfang der kommenden Woche wieder im Raum. Schreiber sagte, er hoffe, dass der Eingabenausschuss schnell entscheiden und sich nicht über den Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes hinwegsetzen werde, das die Räumung bereits bestätigt hatte.

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Die Bewohner des Bauwagenplatzes Zomia in Wilhelmsburg haben vor Gericht eine neue Niederlage erlitten. Das Oberverwaltungsgericht wies einen Eilantrag gegen eine Entscheidung der unteren Instanz zurück. Markus Schreiber (SPD), der Leiter des Bezirks Mitte, zum Abendblatt: "Mit dieser Gerichtsentscheidung können wir nun den Bauwagenplatz räumen lassen. Die Gruppe hat bis heute, 14 Uhr, Zeit, den Platz in Richtung Altona zu verlassen. Ansonsten werden wir zeitnah die Räumung einleiten."

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts besteht "ein überwiegendes öffentliches Interesse des Bezirksamts Hamburg-Mitte, die Räumung nun durchsetzen zu können", auch wenn über die Klage im Hauptsacheverfahren noch nicht entschieden ist. "Damit haben die Bewohner den Bauwagenplatz in Wilhelmsburg zunächst zu verlassen", teilte eine Gerichtssprecherin mit. Das als Industriegebiet ausgewiesene Grundstück am Ernst-August-Kanal wird seit Ende 2010 von der Gruppe bewohnt. Nach Angaben des Klägers leben die 15 Bewohner in sieben Bauwagen mit drei Zugmaschinen.

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Das Verwaltungsgericht hatte bereits in der vergangenen Woche einen Eilantrag gegen die Räumungsverfügung abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte nun, dass das Bezirksamt keinerlei Verpflichtung habe, so lange von der Räumung abzusehen, bis ein von der Bauwagenplatzgruppe akzeptierter Alternativstandort gefunden sei. Die Stadtentwicklungsbehörde habe alle von den Bewohnern vorgeschlagenen Ausweichplätze geprüft und mit plausibler Begründung abgelehnt. Zudem habe die Behörde selbst zwei Angebote gemacht, die die Zomia-Bewohner aber ausgeschlagen hatten. Das Bezirksamt hatte die Gruppe ursprünglich aufgefordert, schon bis zum 3. November abzuziehen.

Simon, einer der Bauwagenbewohner, sagt dazu: "Wir sind in guten Gesprächen mit dem Bezirk Altona. Uns wurde dort aber noch kein geeigneter Platz präsentiert. Wir lassen uns von Bezirksamtsleiter Schreiber nicht unter Druck setzen und werden den Platz nicht ohne Alternative verlassen."

Die linksautonome Szene bereitet sich seit Tagen auf eine mögliche Räumung und auf spontane Proteste vor - unter anderem mit einem "SMS-Verteiler", in den sich Interessierte eintragen, um sofort informiert zu werden.

Polizeisprecher Mirko Streiber sagt: "Eine Räumung wäre zunächst einmal Sache des Bezirkes. Wir sind noch nicht um Amtshilfe gebeten worden. Insofern können und wollen wir auch noch keine Lageeinschätzung geben." Nach Analysen der Polizei ist die Zomia-Gruppe in der linken Szene nicht allzu fest verankert. Es sei nicht sicher, ob sie ein großes Mobilisierungspotenzial habe, sagt ein Kripo-Ermittler. Fest steht: Als im November 2002 der "Bambule"-Bauwagenplatz im Karoviertel geräumt wurde, kam es zu Großdemos und Straßenschlachten.

Unterdessen hat die Polizei die von Ausschreitungen überschattete Demonstration zum Erhalt des Bauwagenplatzes vor knapp zehn Tagen ausgewertet. Wie aus der Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage des Innenexperten Karl-Heinz Warnholz hervorgeht, waren bei dem Aufmarsch mit 2000 Teilnehmern am 5. November acht Polizisten verletzt worden. Zwei Beamte erlitten so schwere Verletzungen, dass sie ambulant im Krankenhaus behandelt werden mussten.

Die Polizei nahm fünf Personen in Gewahrsam, zwei Demonstranten wurden festgenommen. Laut Senatsangaben laufen derzeit mindestens drei Verfahren: wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Körperverletzung und Beleidigung. Während der Demonstration wurden ein Peterwagen und ein Wasserwerfer durch "Wurfgegenstände" beschädigt sowie Teile eines Bauzauns, ein Papier- und ein Müllcontainer in Brand gesetzt.

Die Höhe des Schadens sei noch nicht ermittelt, erreiche aber erfahrungsgemäß etwa 100 000 Euro. Die Demo durch die Innenstadt war von den Organisatoren vorzeitig beendet worden, nachdem die Polizei die Route nach Flaschen- und Böllerwürfen geändert hatte.