Tausende trafen sich zum “Abschiedstrinken“ in Hamburgs Bahnen. Ab dem 1.Oktober wird der Konsum von Alkohol in der Bahn geahndet.

Hamburg. „Happy Birthday to you, Happy Birthday to you, Happy Birthday liebe Stephanie!“, sangen mehr als 50 Fahrgäste auf dem U-Bahnsteig der Haltstelle Berliner Tor. Einige warfen Konfetti und Luftschlangen hoch, einer pustete in eine Tröte, das Geburtstagskind setzte einem Gast einen metallic-blauen Partyhut auf. Stephanie aus Uhlenhorst feierte ihren 24. Geburtstag beim sogenannten HVV-Abschiedstrinken, mit dem Tausende in der Nacht zum Sonnabend gegen den endgültigen Vollzug des Alkoholverbots in Bussen und Bahnen des HVV protestierten. Von jetzt an wird der Konsum von Alkohol mit 40 Euro geahndet.

Stephanie sagte: „Das Abschiedstrinken fiel zufällig auf meinen Geburtstag, da hat es sich angeboten, hier zu feiern. Ich mag besondere Partys.“ Bis zum späten Abend registrierte die Polizei nur kleinere Zwischenfälle: Einige offenbar angetrunkene Fahrgäste zogen die Notbremse und brachten den Verkehr auf der Linie S1 teilweise zum Erliegen, es gab mehrere Rangeleien, die glimpflich ausgingen. Ein Wagen der Hochbahn musste nach Randale aus dem Verkehr gezogen werden. An der S-Bahn-Haltestelle Stadthausbrücke mischten sich Linksautonome unter das Partyvolk und lösten einen größeren Polizeieinsatz aus. Die Verkehrsbetriebe hatten sich lange auf die Partynacht vorbereitet: So wurden auf der U3 insgesamt 16 statt der um diese Zeit üblichen acht Züge eingesetzt, die im Fünf-Minuten-Takt fuhren. Vor dem Hauptbahnhof und vor der Station Berliner Tor wurden sogar Dixie-Klos aufgestellt.

Offiziell ist der Alkoholkonsum schon seit dem 1. September in Bussen und Bahnen des HVV verboten. Nach einem Monat der Eingewöhnungszeit werden seit Sonnabend 0Uhr Verstöße nun auch tatsächlich geahndet. In der ersten Nacht wurde die 40-Euro-Geldbuße aber noch nicht erhoben. Auf Facebook hatten sich bis zu 20000 Menschen verabredet, um Freitagabend das „HVV-Abschiedstrinken“ zu veranstalten. Da diese Internetseiten von dem sozialen Netzwerk immer wieder gelöscht wurden, war bis zum Beginn der Party nicht klar, wie viele Trinkfreudige nun tatsächlich kommen würden – und vor allem, wohin. Lukas, 21, Student, saß mit seinen Freunden am Bahnsteig der S1 auf dem Hauptbahnhof, im Gepäck zwei Flaschen Schnaps und zwölf Dosen Bier. Er sagte: „Wir wollen in der ersten Reihe dabei sein und als gutes Vorbild vorangehen – und Stimmung machen.“

Die Hamburger Hochbahn, Deutsche Bahn und Polizei entwickelten gemeinsam ein Konzept, um die Sicherheit aller Fahrgäste zu gewährleisten. Ihre Sicherheitskräfte wurden auf mehr als 200 Mann verstärkt. „Wir behandeln das Ganze wie eine Großveranstaltung“, sagte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. „Wir sind aber auch realistisch und wissen, dass wir den Alkoholkonsum an so einem Abend nicht verbieten können und auch nicht wollen, um unnötige Eskalationen zu vermeiden.“ Bis um 22 Uhr seien in den Zügen „deutlich weniger“ Alkoholtrinker unterwegs gewesen als erwartet.

Einer von ihnen war der Student Carsten Matzat, 23. Auch er sah die Party als Demonstration gegen das in seinen Augen unnötige Alkoholverbot. „Darum finde ich ein Abschiedstrinken sehr sinnvoll und in der heutigen Demokratie vollkommen berechtigt.“ Den damit verbundenen Gefahren war er sich bewusst: etwa, dass unbeteiligte Fahrgäste sich belästigt fühlen. „Nur Chaoten könnten so eine friedliche Party zerstören.“ (jeb/dfe)