Die Hansestadt lockt am Wochenende zum Schlagermove, zum Boxkampf mit Klitschko und zum Galopp-Derby. Die 302 Hotels sind ausgebucht.

Hamburg. Wer am Wochenende in Hamburg noch kurzfristig ein Zimmer sucht, muss entweder sehr viel Geld ausgeben, auf Stornierungen hoffen oder versuchen, doch noch bei Bekannten unterzukommen. "Es wird eng", sagt Sascha Albertsen, Sprecher der Hamburg Tourismus GmbH.

Eine Reihe von Großveranstaltungen, die Hunderttausende Besucher in die Stadt locken werden, sorgt für den Ansturm auf die 45 000 Hotelbetten und die 4000 Betten von Privatvermietern. Das wohl wichtigste Ereignis ist der WM-Boxkampf am Sonnabend zwischen Wladimir Klitschko und David Haye in der Arena des HSV. Aber auch der Schlagermove, der Halbmarathon, das Galopp-Derby sowie die Ankunft der "Queen Elizabeth" im Hafen sind Publikumsmagneten.

Hamburg profitiere von der steigenden Beliebtheit des Städtetourismus, sagt Sascha Albertsen. "In keiner anderen deutschen Stadt wächst die Zahl der Übernachtungen so dynamisch." In der Zeit von Januar bis April 2011 sei die Zahl der Übernachtungen in Hamburg um 10,7 Prozent (verglichen mit dem Vorjahreszeitraum) gestiegen.

An diesem Wochenende sind die Luxushotels ausgebucht wie auch die billigeren Herbergen. Das Gastwerk und das 25hours in Bahrenfeld ebenso wie die Hotels Norge an der Schäferkampsallee und in Altona, das Le Royal Méridien an der Alster, Radisson Blu am Flughafen, Grand Elysée in Rotherbaum und Zum Zeppelin in Schnelsen.

Beim Online-Portal HRS konnte man gestern um 18 Uhr kein einziges Hotelzimmer in Hamburg mehr buchen. "Von Freitag bis Sonntag sind wir ausgebucht, wir führen eine Warteliste", sagt Anna Ziegler, Mitarbeiterin im Fairmont-Hotel Vier Jahreszeiten an der Alster. In dem Fünf-Sterne-Hotel mit 156 Zimmern und Suiten seien viele Gäste angemeldet, die den Boxkampf besuchen wollten. "Wenn wir, das teuerste Hotel der Stadt, ausgebucht sind, dann ist meist auch der Rest der Stadt voll", sagt Ziegler. Die Gäste zahlen pro Nacht im Doppelzimmer ab 424 Euro inklusive Frühstück.

Doch es geht auch noch deutlich teurer, denn die hohe Nachfrage sorgt für teilweise extreme Preiserhöhungen selbst in Hotels niedrigerer Kategorien: Das Hotel Nevada in Hamm beispielsweise bietet für Sonnabendnacht auf seiner Homepage ein Doppelzimmer für 1190 Euro an. Immerhin mit Frühstück. Erstaunlich: Kurz nach einem Abendblatt-Rechercheanruf zur Preisgestaltung in diesem Drei-Sterne-Hotel geht der Preis auf 699 Euro zurück.

"Die überspannen den Bogen deutlich", sagt dazu Lutz Nicolaus, Vorsitzender der Dehoga-Fachgruppe Hotellerie. Seit eineinhalb Jahren beobachte der Fachverband "mit Argusaugen", dass eine Handvoll Hotelbetreiber ihre Zimmerpreise fast stündlich an den aktuellen Markt anpassen. Auch ein paar Hotels in Hauptbahnhofnähe bieten ihre Zimmer noch zu horrenden Preisen an. Das Phoenix City Hotel an der Kirchenallee zum Beispiel verlangt 690 Euro für die Nacht zum Sonntag.

"Die Preise anzupassen ist eine gängige Vorgehensweise, denn ein Hotelzimmer ist eine verderbliche Ware - man kann es nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt verkaufen", sagt Nicolaus. Doch dafür gebe es Listenpreise. Bei hoher Nachfrage zehnmal höhere Preise zu nehmen sei unseriös und werfe ein schlechtes Licht auf die Hamburger Hotellerie. "Wer zufällig dieses Wochenende ausgewählt hat, um sich im Internet nach Hotelpreisen in Hamburg zu erkundigen, wird bei Zimmerpreisen von vielen Hundert Euro im Drei-Sterne-Bereich sicher keinen Trip hierher planen", sagt Nicolaus.

Dabei geht es auch anders. Das Hotel Zum Zeppelin in Schnelsen ist für das Wochenende auch komplett ausgebucht. "Aber wir haben nichts draufgeschlagen. Das machen wir nicht", sagt Empfangsmitarbeiterin Yvonne Patrzyk. Die 74 Zimmer in dem Drei-Sterne-Haus, das nahe der A 7 liegt und daher für Besucher des HSV-Stadions verkehrsgünstig liegt, kosten ab 69 Euro. Zu den Fantasiepreisen, die manch andere Hotels verlangen, sagt Patrzyk: "Ich finde das dreist."

In Hamburg stieg die Zahl der Hotelbetten nach Angaben von Tourismus-Sprecher Albertsen seit 2001 bereits um 17 000 und wird sich bis Ende 2012 um weitere 3500 Betten erhöhen. Und während Dietrich von Albedyll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Tourismus GmbH, die Zunahme der Kapazitäten "mit Blick auf die hohe Dynamik der Übernachtungsentwicklung in Hamburg" für sinnvoll hält, sieht man das beim Dehoga kritisch: "Die Hoteliers klagen schon jetzt über zu viele Betten", sagt Experte Lutz Nicolaus.

Ein zu großes Angebot an Zimmern verhindere ein realistisches Preisniveau. "Das ist in Hamburg sowieso schon deutlich niedriger als in anderen europäischen Metropolen." Eine Häufung von Veranstaltungen wie an diesem Wochenende könne außerdem einfach durch eine bessere Koordination durch die Stadt vermieden werden. Ein Boxkampf könne ja auch im Winter ausgetragen werden.

Die Veranstaltungen im Überblick

Schlagermove

Ob "Barfuß im Regen" getanzt wird, steht noch nicht fest. Dafür aber, wer auf der Bühne des Schlagermoves singen wird: der selbsternannte "König vom Mallorca", Jürgen Drews . Zum Schlagermove werden wie schon in den vergangenen Jahren zehntausende Menschen erwartet. "Wir rechnen mit etwa einer haben Million Besucher“, sagte der Veranstalter der Schlagerparty, Frank Klingner. Bereits am Freitag wird ab 19.30 Uhr auf dem Heiligengeistfeld zu Klassikern deutscher Schlagermusik gefeiert. Am Sonnabend zieht dann ab 15 Uhr die Parade mit Musiktrucks durch St.Pauli.

Boxen

Am Sonnabendabend kämpfen Wladimir Klitschko und David Haye (TV-Übertragung ab 22.45 Uhr) vor 40.000 Zuschauern in der Fußball-Arena des HSV um die Weltmeistertitel der Verbände WBA, IBF und WBO im Schwergewicht. Allein 15.000 Fans aus England werden zu diesem Kampf erwartet. Seit Tagen schon filmen TV-Teams die schönsten Plätze der Hamburger Innenstadt für die Vorberichterstattung ab. Das Duell zwischen dem 35 Jahre alten Ukrainer und dem 30 Jahre alten Briten ist der weltweit "heißeste“ Schwergewichtskampf, seit Vitali Klitschko vor fast genau acht Jahren gegen Lennox Lewis verlor. Die VIP-Party wird anschließend im Stadion gefeiert.

Halbmarathon

Bei der 17. Auflage des Halbmarathons am Sonntagmorgen in Hamburg sind Fabiano Joseph aus Tansania, Weltmeister von 2005, und der Kenianer Rodgers Rop , 2007 Gewinner des Hamburger Marathons, die Top-Stars. 5712 Starter sind bislang gemeldet, Nachmeldungen sind noch bis Sonntagfrüh möglich . Sambatrommler geben um 10 Uhr das Startsignal an der Reeperbahn - die Skater gehen bereits 30 Minuten früher auf die Strecke. Das Ziel ist an der Rothenbaumchaussee.

Luxusliner

Das Kreuzfahrtschiff „Queen Elizabeth“ macht am Sonntag zum ersten Mal im Hamburger Hafen fest. Gegen 6.30 Uhr soll das Schiff am Kreuzfahrtterminal Hamburg Cruise Center HafenCity anlegen. Bereits am frühen Abend wird die „Queen Elizabeth“ den Hafen wieder verlassen und in Richtung Skandinavien und Russland aufbrechen. Am 8. Januar 2012 soll das Kreuzfahrtschiff erneut von Hamburg aus losfahren, dann zu einer 111-tägigen Weltumrundung. Neben der „Queen Mary 2“ und der „Queen Victoria“ ist die 294 Meter lange „Queen Elizabeth“ das dritte Kreuzfahrtschiff der Reederei Cunard Line.

Galopp-Derby

18 dreijährige Hengste gehen am Sonntag - dem letzten Renntag der Derby-Woche - auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn beim 142. Deutschen Derby an den Start. Das renommierteste Galopprennen in Deutschland ist einschließlich aller Prämien mit 795.000 Euro dotiert. Favorit auf der 2400 Meter langen Derby-Distanz ist der englische Hengst Brown Panther aus dem Besitz des früheren englischen Fußballnationalspielers Michael Owen (Manchester United). Mit fünf Pferden ist das schon 18-mal im Derby siegreiche Gestüt Schlenderhan vertreten. Mit Stefanie Hofer, die Mi Senor reitet, nimmt zum zweiten Mal nach Monika Blasczyk 1979 eine Frau am Derby teil. Der Renntag beginnt ab 12.30 Uhr.