Die Polizei hat den Diebstahl aufgeklärt. Zwei 36 und 49 Jahre alte Männer seien dringend verdächtig, den Schädel gestohlen zu haben.
Hamburg. Der Fall um den gestohlenen Schädel des Seeräubers Klaus Störtebeker aus dem Museum für Hamburger Geschichte ist aufgeklärt. Nachdem der im Januar 2010 entwendete Schädel im März dieses Jahres wieder auftauchte, sind nun auch die mutmaßlichen Täter gefasst. Nach diversen Zeugenvernehmungen konnten die Polizisten der Zentraldirektion Süd einen 36-jährigen Deutschen und einen 49-jährigen Griechen als dringend Tatverdächtige ermitteln.
Wie die Polizei mitteilte, wollten die Männer beim Diebstahl des Schädels vor über einem Jahr eigentlich nur Eintrittsgelder stehlen. Stattdessen entwendeten sie das kulturhistorische Relikt, um den Schädel anschließend zu versetzen.
Der Fall stellte die Polizei lange vor ein Rätsel. Zwischenzeitlich wurde sogar spekuliert, dass der Störtebeker-Schädel von Hells Angels, Fans des FC St. Pauli oder Anhängern der Gothic-Szene gestohlen wurde. Inzwischen wurde der Schädel im Hamburger Polizeipräsidium wieder an die Leitung des Hamburgmuseums übergeben. Ein Mann hatte ihn den Beamten am 17. März überbracht. Er war jedoch nicht der Dieb.
Der geheimnisvolle Schädel und die Rekonstruktion des Piraten-Kopfes sind trotz der Ungewissheit über die Identität die Attraktion des Museums für Hamburgische Geschichte. Der Totenkopf wird nach seiner Rückkehr ins Museum streng bewacht. Schließlich regt der Pirat auch mehr als 600 Jahre nach seiner Hinrichtung noch die Fantasie an.
Der Seeräuber, der der Überlieferung nach gegen die hanseatischen Pfeffersäcke und ihre Schiffe zu Felde zog, soll am 20. Oktober 1401 im Alter von 41 Jahren am Grasbrook im Hafen – zur Hansezeit eine öde Elbinsel und heute ein Teil der schicken HafenCity – geköpft worden sein. Der Hamburger Bürgermeister versprach ihm angeblich, all jene seiner Männer am Leben zu lassen, an denen der Geköpfte noch vorbeilaufen konnte. An elf von ihnen, so besagt die Legende, ging er noch vorüber, bevor er zu Boden fiel. Trotzdem seien auch sie hingerichtet worden.
Der Hamburger Archäologe Ralf Wiechmann reiste mit dem Totenkopf im Gepäck vor einigen Jahren bis nach Kanada, um das Geheimnis des „Störtebeker-Schädels“ zu lüften. Doch eine DNA-Analyse war auch mit Hilfe kanadischer Forensik-Experten nicht möglich. Das Jahrhunderte alte Knochenmaterial war nicht mehr zu entschlüsseln. Die Erbinformationen sollten eigentlich mit der von möglichen Nachkommen des Seeräubers verglichen werden. In Norddeutschland leben nach Schätzung Wiechmanns etwa 200 Menschen mit dem Namen Störtebeker. Aber das Rätsel blieb ungelöst.
„Störtebeker ist eine Legende und wir wissen nicht einmal, ob er wirklich am Grasbrook im Hafen hingerichtet wurde“, sagte Wiechmann damals. Aktenkundig sei nur, dass Störtebekers Weggefährte Gödeke Michels dort geköpft wurde.
Der aufgespießte Schädel mit dem Nagel-Loch war 1878 auf dem Grasbrook – gefunden worden. Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert waren dort viele hundert Seeräuber geköpft worden. Um den ein- und auslaufenden Handelsschiffen und ihren Seeleuten zu zeigen, welches Schicksal den Piraten blühte, wurden die abgeschlagenen Seeräuberköpfe mit langen eisernen Nägeln auf einem weithin sichtbaren Holzgestell befestigt.
„Wir sind sicher, dass es sich bei dem Schädel um den Kopf eines Freibeuters handelt, eines etwa 30-jährigen, kräftigen Mannes, der schon einige Blessuren hatte, als er vor etwa 600 Jahren starb. Alles andere ist reine Spekulation“, räumte einst Wiechmann ein. Das Leben Störtebekers und seiner Kumpane, die sich selbst auf plattdeutsch Likedeeler nannten, weil sie die Beute gerecht unter sich aufteilten, bleibt im Dunkeln. Ob der Pirat tatsächlich ein Freund der Armen und ein „Robin Hood der Meere war“, wie erzählt wird, sei völlig offen.
Noch nicht einmal die Bezeichnung „Seeräuber“ ist ganz korrekt. Störtebeker und seine Weggefährten waren eigentlich keine Verbrecher: Historikern zufolge waren sie Söldner zur See, die im Dienste der Mecklenburger Herzöge dänische Schiffe kapern sollten. Als Lohn durften sie dann selbst Beute machen. 1401 besiegte eine Flotte aus Hamburg und Lübeck die Piraten.