Airbus ist ein wichtiger Ertragsbringer für EADS. Was passiert mit dem Konzern nach dem möglichen Ausstieg von Daimler?

München. Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS ist 2010 wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Vor allem dank des zivilen Luftfahrtgeschäfts der Tochter Airbus lag das Nettoergebnis bei 553 Millionen Euro, teilte EADS am Mittwoch in München mit. Im Vorjahr stand unter dem Strich noch ein Minus von 763 Millionen Euro. Angesichts des Aufschwungs der Zivilluftfahrt blickt EADS laut Konzernchef Louis Gallois optimistisch in die Zukunft. Der Umsatz erreichte im vergangenen Jahr ein neues Rekordniveau von 45,8 Milliarden Euro. Das Plus von sieben Prozent im Vergleich zu 2009 ist vor allem auf die Auslieferung von 510 Flugzeugen der Tochter Airbus zurückzuführen.

Zukäufe in Millliardenhöhe geplant

Der Rüstungs- und Luftfahrtkonzern fasst in diesem Jahr zudem Zukäufe in Milliardenhöhe ins Auge. Finanzchef Hans Peter Ring nannte am Mittwoch bei der Bilanzvorlage in München eine Größenordnung von einer bis zwei Milliarden Euro. Dies sei keine magische Zahl, betonte er. Er sei aber zuversichtlich, dass in diesem Jahr etwas bei Übernahmen passieren werde. Der Konzern habe eine größere Flexibilität für Akquisitionen als noch vor zwei Jahren. EADS kehrte dank der Erholung der Luftfahrtbranche im vergangenen Jahr in die Gewinnzone zurück. Die EADS-Aktie legte in Frankfurt vorbörslich 1,9 Prozent zu.

Zukunftsszenarien für EADS nach dem möglichen Ausstieg von Daimler

Die Sicherung der deutsch-französischen Balance im Eigentümerkreis des Flugzeug- und Rüstungskonzerns EADS ist für die Bundesregierung ein zentrales Anliegen. Nach einigen Jahren Ruhe muss sie sich wieder darüber Gedanken machen. Der Anlass: Der Stuttgarter Autobauer Daimler möchte seinen Anteil von 15 Prozent – sein wahrgenommener Stimmanteil beläuft sich sogar auf 22,5 Prozent – zurückfahren, womöglich aussteigen. Daimler aber war bisher der zentrale Baustein, der den deutschen Gleichklang mit Frankreich im EADS-Aktionärskreis sicherte. EADS-Chef Louis Gallois forderte am Mittwoch unabhängig von der Zusammensetzung des künftigen Eigentümerkreises eine nachhaltige Lösung und keinen Pakt für einige Jahre. Sollte Daimler Ernst machen, gibt es vier Möglichkeiten, die deutsch-französische Parität im Eigentümerkreis beizubehalten.

SZENARIO 1:

Daimler oder der Bund finden einen oder mehrere deutsche Investoren aus der Privatwirtschaft, die bei dem technologisch interessanten, finanziell aber riskanten Konzern einsteigen. Der oder die neuen deutschen Aktionäre müssten bereit sein, neben wirtschaftlichen auch ein wenig nationale politische Aspekte mitzubedenken. Die Formulierung von der Suche nach einem „patriotischen“ Investoren ist im Umlauf. Die Aussichten auf einen Erfolg dieses Weges sind aber bescheiden. Wer bürdet sich schon ohne Not so riesige Verlustrisiken auf – erinnert sei an die Probleme mit dem Prestigeobjekt A380 der EADS-Tochter Airbus.

SZENARIO 2:

Findet sich kein privater Anleger, könnte ein staatlicher Aktionär die Lösung sein. Der wäre dann zwangsläufig ein reiner Finanzinvestor: konkret die staatliche Förderbank KfW, vielleicht zusammen mit anderen öffentlichen Instituten aus den Airbus-Standortländern. Die KfW wäre sicherlich bereit, in einem solchen Modell Verantwortung zu übernehmen: allerdings nur, wenn der deutsche Staat ihr das finanzielle Risiko abnimmt. Allein das ist schon nicht ohne. Hinzu kommt, dass solche staatliche oder halbstaatliche Lösungen für den liberalen Koalitionspartner in Berlin nur schwer zu schlucken sind.

SZENARIO 3:

Die Parität des Einflusses von Deutschland und Frankreich könnte auch gesichert werden, wenn die französische Seite – etwa über den Aktionär Lagardere ihren Anteil ebenfalls zurücknimmt. Eine solche Bewegung kann aber nicht von der deutschen Regierung verordnet werden. Zudem könnten andere Aktionäre – vielleicht aus Russland oder China – die frei werdenden EADS-Aktien kaufen und sich einen größeren Einfluss auf den Konzern sichern. Ob das der deutschen und der französischen Regierung angenehm ist, ist fraglich.

SZENARIO 4:

Zur Absicherung des deutschen und französischen Einflusses bietet sich die Schaffung „Goldener Aktien“ an, mit denen die beiden Regierung entscheidende Veränderungen und Entscheidungen im Konzern abblocken könnten. Doch auch hier gibt es mehrere Aspekte, die dagegen sprechen. Zum einen haben maßgebliche Aktionärskreise bereits signalisiert, dass sie ein solches Instrument nicht akzeptieren würden. Dagegen spricht auch, dass das niederländisches Recht – die EADS ist juristisch eine niederländische Gesellschaft – ein solches Instrument nicht vorsieht. Zudem gilt die „Goldene Aktie“ als eigentlich unvereinbar mit einer Marktwirtschaft. Und schließlich besteht auch hierbei die Möglichkeit, dass andere Aktionäre und Investoren ihre Position durch Aktienkäufe bei EADS stärken.

Erster A380 abbestellt, aber Airbus triumphiert in den USA

Noch vor wenigen Wochen entschied Boeing das Rennen um die Vergabe des Großauftrags, Tankflugzeuge für die US-Streitkräfte zu bauen, für sich. Nun hat aber Airbus ausgerechnet aus den USA, dem Mutterland des Erzrivalen Boeing, eine Bestellung über insgesamt 100 Mittelstreckenjets bekommen. Die weltgrößte Flugzeug-Leasingfirma ILFC setzte die nach Listenpreisen rund 9,4 Milliarden Dollar schwere Order für Maschinen der runderneuerten A320neo-Familie ab.

Ein Wermutstropfen bleibt allerdings, denn ILFC zog am Dienstag im gleichen Atemzug einen Auftrag über zehn doppelstöckige A380 wieder zurück. Für Airbus ist es das erste Mal, dass ein Kunde den A380 abbestellt. Schon vor knapp zwei Jahren hatten die Amerikaner mit dem Gedanken gespielt, jetzt setzten sie ihn in die Tat um. Sie begründeten dies mit der gestiegenen Nachfrage nach kleineren Flugzeugen.

Airbus-Manager John Leahy sieht dadurch jedoch keine Probleme auf den europäischen Hersteller zukommen. "Die A380 ist ein langfristiges Programm. In den nächsten 20 Jahren sehen wir einen Marktbedarf von über 1300 Verkehrsflugzeugen im Segment der Supergroßraum-Flugzeuge“, sagte Leahy. "Allein in diesem Jahr haben wir schon zwei A380-Neukunden hinzugewonnen, und die Nachfrage ist ungebrochen.“

Für Airbus bleibt unterm Strich ein Auftragsplus von etwa 5,6 Milliarden Dollar nach Listenpreisen. Allerdings sind satte Rabatte bei derart großen Bestellungen üblich. Auch Boeing dürfte hohe Nachlässe eingeräumt haben – ILFC bestellte beim Airbus-Rivalen zeitgleich 33 Mittelstreckenmaschinen vom Typ 737-800. Hier liegt der Wert nach Liste bei mehr als 2,6 Milliarden Dollar.

ILFC ist die Nummer eins der Luftfahrt-Leasingunternehmen, hatte sich in den vergangenen Jahren mit Bestellungen aber zurückgehalten. Das Unternehmen gehört zum verstaatlichten US-Versicherungskonzern AIG und musste erst mal frisches Geld heranschaffen. Seitdem die Ferien- und Geschäftsreisenden aber wieder um die Welt jetten, geht es auch mit ILFC aufwärts.

Die gesamte Luftfahrt-Industrie ist im Aufwind, seitdem sich die Lähmung der Wirtschaftskrise löst. Nur Stunden zuvor hatte Boeing zwei große Aufträge aus dem boomenden China im Wert von insgesamt rund 10 Milliarden Dollar nach Liste erhalten.

Bei Boeing gehen die ersten Flugzeuge an ILFC im Jahr 2012 raus, Airbus liefert ab 2016. Die A320neo-Familie befindet sich noch in der Entwicklung. Neue Triebwerke und abgeknickte Flügelspitzen sollen den Spritverbrauch um 15 Prozent senken. „Wir freuen uns sehr, ILFC als erstes Leasingunternehmen für die A320neo willkommen zu heißen“, sagte Airbus-Manager Leahy. (abendblatt.de/dpa)