Die zu den Würgeschlangen zählenden Tiere sind die schwersten Schlangen der Welt und die Tiere können bis zu sechs Meter lang werden.
Stellingen. Ein wenig jung sind sie ja noch dafür. Aber das scheint sie nicht zu stören. Anna, gerade einmal vier Jahre alt, und ihr Männchen, der sogar nur zwei Jahre alt ist, wurden neulich von Dr. Guido Westhoff überrascht. Bei Paarungsspielen. "Vielleicht wollten sie mal ausprobieren, wie es gehen könnte", scherzt der Leiter des Tropen-Aquariums in Hagenbecks Tierpark. Und auch wenn er sich "sehr gewundert habe", bestehe kein Grund zum Eingreifen aus Jugendschutzgründen: Sind Anna und ihr Männchen doch Grüne Anakondas.
Die zu den Würgeschlangen zählenden Tiere sind die schwersten Schlangen der Welt. "Sie können bis zu 250 Kilogramm schwer werden, bei einer Länge von bis zu sechs Metern", sagt Westhoff. Längentechnisch würden sie dabei nur vom Netzpython geschlagen, von denen es auch zwei Exemplare im Riesenschlangengehege des Tropen-Aquariums gibt. Diese Art erreicht bis zu acht Meter Körperlänge.
Von ihren Höchstmaßen sind Anna und das Anakonda-Männchen noch weit entfernt, sagt Westhoff: "Sie misst noch unter drei Meter Länge und wiegt vielleicht gerade einmal 25 Kilogramm, bei ihm ist es die Hälfte." Und dieser Größenunterschied werde auch zeitlebens so bleiben, verrät der Biologe: "Bei Anakondas sind die Weibchen das stattliche Geschlecht."
Anna bildet sich darauf jedoch nichts ein oder nutzt es sogar aus - im Gegenteil: "Sie ist ein sehr friedlicher Charakter, lässt sich von uns ohne Probleme anfassen", sagt Westhoff. Allerdings sei das Würgeschlangen-Weibchen extrem neugierig: Sobald ein Tierpfleger das Gehege betrete, komme sie an und züngele an ihm oder ihr herum - Erkundung auf Schlangenart. Dieses Verhalten zeige das Grüne-Anakonda-Männchen nicht.
Grüne Anakondas, die auch Große Anakondas genannt werden, kommen in Kolumbien, Venezuela, Trinidad und Tobago, Guyana, Surinam, Französisch-Guayana, Brasilien, Ecuador, Peru, Bolivien und Paraguay in der Nähe von Seen, langsam fließenden Flüssen oder saisonal überschwemmten Savannen vor. Oder, wie Guido Westhoff sagt: "Sie sind die Amphibien unter den Schlangen." Ihr bevorzugter Aufenthaltsort ist das Wasser, und das ist auch bei Hagenbeck gut zu sehen: Außer für kurze Ruhepausen, zusammengerollt auf dem Heizstein, liegen die Tiere fast immer im Wasserbecken.
An dem Fischbesatz (Scheibensalmler, Süßwasserrochen und Vieraugenfische) vergreifen sich die Schlangen dabei dennoch nicht: "Fische sind nicht so ihr Ding, sie sind eher Säugetier- und Reptilienfresser", sagt Westhoff. So bekommt Anna ein bis zwei Kaninchen bei jeder Fütterung, alle zwei bis vier Wochen, während sich das Männchen noch mit Ratten begnügt.
Dem Kraftpaket unter den Schlangen treten immer zwei Pfleger gegenüber
Ganz darauf vertrauen, dass den beiden nicht einmal nach einem größeren Happen zumute ist, sollte man aber nie, sagt Westhoff. Deshalb laute die unumstößliche Regel im Haus auch, dass immer zwei Tierpfleger gemeinsam das Gehege beträten. Besonders beim Reinigen der Scheibe von innen, während man bis zum Hals im Wasser stehe, könnte sonst schnell ein falscher Eindruck bei den Schlangen entstehen, sagt er und lacht.
Der Nervenkitzel, eine gewaltige Würgeschlange von Nahem zu sehen, macht die Tiere für viele Besucher besonders attraktiv. Immerhin sind die Anakondas auch die "Kraftpakete unter den Schlangen": Sie können einen Druck von sieben Kilogramm pro Quadratzentimeter ausüben, und das 20 Minuten lang - damit läge im Würgegriff einer Anakonda auf einem menschlichen Brustkorb ein Gewicht von etwa sieben Tonnen. Doch Westhoff schätzt die Tiere auch wegen ihrer Zeichnung: In der Grundfarbe zwischen Olivgrün und Braun variierend, haben sie auf dem Rücken ovale bis runde schwarze Flecken und über dem cremeweiß bis hellgelb gefärbten Bauch eine Reihe orangefarbener Flecken.
Zwei Monate leben Anna und ihr Mann jetzt schon bei Hagenbeck zusammen. Während sie von einem Züchter nach Hamburg kam, stammt er aus einer Beschlagnahmung von einem privaten Halter ohne die entsprechenden Papiere. Zwischen ihnen gefunkt zu haben scheint es jedenfalls sofort, und wenn das "Ausprobieren" so weitergeht, könnten nach sechs bis acht Monaten bis zu 80 Jungtiere geboren werden, die immerhin auch schon 70 bis 90 Zentimeter lang und 200 bis 400 Gramm schwer wären.
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