Das Riesenlaubfrosch-Weibchen verschlingt ein Insekt nach dem anderen. Da kann selbst ihr Männchen Fred nicht mithalten.
Hamburg. Frenata schnappt. Stopft. Schiebt alles mit den Vorderbeinen nach, was nicht auf Anhieb in ihrem großen Maul verschwindet. "Sie ist unglaublich gierig. Wenn ihr Männchen Fred nach der dritten Heuschrecke satt ist und jedes weitere ihm angebotene Insekt mit einem abwehrenden Buckel ablehnt, schafft sie sicherlich noch drei oder vier weitere", sagt Marion Minde, Tierpflegerin in Hagenbecks Tropen-Aquarium. Frenata und Fred sind Australische Riesenlaubfrösche, die sich in der Vitrine eines Schrankes im Bergwerkstollen ein kleines Biotop teilen.
Frenata - abgeleitet von der lateinischen Artbezeichnung Litoria infrafrenata und "weil sie so frenetisch frisst", wie Minde scherzhaft sagt - hat das Futter aber auch nötig: Sie ist etwa anderthalbmal so massig wie das Männchen. Minde: "Die Weibchen müssen die Männchen bei der Paarung ja auch mit sich rumschleppen können." Mit bis zu 15 Zentimetern Körperlänge gehören die Australischen Riesenlaubfrösche insgesamt zu den größten Laubfröschen der Erde. Dabei sind die Tiere mit den großen Haftscheiben an den Füßen am Boden eher unbeholfen, aber ausgezeichnete Kletterer, die sich überwiegend in Bäumen von tropischen und subtropischen Regenwäldern und Sümpfen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet Neuguinea und Nordostaustralien aufhalten. In Hagenbecks Tropen-Aquarium werden sie oft für Gummitiere gehalten: "Ganz häufig hören wir von Besuchern den Ausspruch: 'Die sind ja gar nicht echt!'", sagt Marion Minde.
Mit ihrer leuchtend grünen Farbe, den großen schwarzen Augen mit dem hübschen, goldfarbenen Streif um die Pupillen, dem weißen Streifen an der Unterlippe und den lustigen, runden Klebefingern sehen Frenata und Fred aber auch wie das Idealbild eines Frosches aus. Wobei sie ihre Farbe ändern können: Ihre grüne Oberseite kann einen bräunlich-bronzefarbenen Ton annehmen. Minde: "Wann genau das geschieht, ob aus Gründen der Witterung, der Umgebung oder der Stimmungslage des Tieres, kann ich nicht genau sagen. Es kann aber sein, dass ich morgens bei den beiden hineingucke, und da sitzen ein grüner und ein brauner Frosch." Die Theorie vom Morgenmuffel will die Fachfrau dabei allerdings nicht gelten lassen.
Seit das Tropen-Aquarium im Mai 2007 eröffnet hat, leben die beiden drei bis vier Jahre alten Frösche bei Hagenbeck. Für Nachwuchs haben sie hier allerdings noch nicht gesorgt. Auch wenn Fred durchaus willens scheint. Minde: "Wenn ich morgens Regen simuliere, also Wasser ins Gehege sprühe, fängt er immer an zu quaken." Das laute Rufen - manche meinen, es erinnere an Hundegebell - dient bei den männlichen Fröschen zur Anlockung der Weibchen. Und die Paarungszeit fällt im Freiland in die Regenzeit. Die Männchen des Australischen Riesenlaubfrosches sammeln sich dann in drei bis vier Metern Höhe auf ufernahen Pflanzen. Kommen paarungswillige Weibchen in ihre Nähe, werden sie umklammert, und im Huckepack-Verfahren geht es zum Ablaichen ins Gewässer.
200 bis 400 Eier, jedes mit drei Millimetern Durchmesser, legt ein Weibchen pro Eiablage - dieses kann mehrmals im Jahr geschehen. "Vielleicht sollte ich unseren Schrank fluten, damit die Frösche ein richtiges Gewässer bekommen", überlegt Marion Minde. Dann könnte es mit dem Nachwuchs klappen - zumindest bei den Fröschen: Die neben ihnen untergebrachten Gottesanbeterinnen, Gespenstschrecken und Riesentausendfüßler hätten sicherlich etwas gegen nasse Füße. Grund zur Eile besteht nicht: Australische Riesenlaubfrösche können bis zu 15 Jahre alt werden. Bis dahin wird Frenata noch eine Menge Heimchen, Grillen und Heuschrecken verspeisen. Und beim Saubermachen gerne einmal auf der Hand ihrer Pfleger sitzen. Minde: "Die Frösche mögen die Wärme unserer Haut. Allerdings muss man da sehr vorsichtig sein: Sie nehmen durch ihre Haut auch alles von uns auf, von Seife über Parfüm bis Desinfektionsmittel. Also sollte man sich die Hände vorher sorgfältig abspülen."
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