Ließ HSH-Nordbank-Chef Nonnenmacher ein Vorstandsmitglied bespitzeln? Berater soll Roths Rauswurf eingefädelt haben.
Hamburg. Es hätte so eine schöne Woche werden können für die HSH Nordbank . Am Mittwoch verkündete Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher via FAZ, dass die Bank im zweiten Quartal zumindest operativ erstmals seit knapp zwei Jahren wieder schwarze Zahlen geschrieben habe. Am Donnerstag erklärte Vorstandsmitglied Torsten Temp Journalisten in Hamburg bei Kaffee und Brötchen, dass man zu allen Schiffsfinanzierungen stehe - was beim größten Schiffsfinanzierer der Welt nicht ganz unwichtig ist. Und am Freitag legte die Bank dann überraschend, eine Woche früher als angekündigt, auch offiziell die aktuellsten Zahlen vor. Die Sanierung der früheren Landesbank, die immer noch zu gut 85 Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, ist demnach auf einem guten Weg.
Im Nachhinein wirkt die Platzierung positiver Nachrichten wie der verzweifelte Versuch, schnell noch in die Offensive zu kommen, bevor der Gegner zum Schlag ausholt - wobei der "Gegner" in diesem Fall der "Spiegel" ist. Der berichtet in seiner heute erscheinenden Ausgabe über einen ehemaligen Sicherheitsberater der Bank, der zugegeben haben soll, im Auftrag der HSH den Rauswurf von Vorstandsmitglied Frank Roth eingefädelt zu haben.
Bei dem Mann handelt es sich nach Abendblatt-Informationen um den Hamburger Arndt U., früher Mitarbeiter der Prevent AG, die für die Sicherheit bei der HSH Nordbank sorgt. Seit 2008 ist er als Subunternehmer für Prevent tätig. U. vertraute dem "Spiegel" zufolge am 29. Juli dem HSH-Betriebsratschef und Aufsichtsrats-Vize Olaf Behm eine abenteuerliche Geschichte an. Anfang 2009 sei er am späten Abend zur HSH-Zentrale gebeten worden, wo ihn Chefjustiziar Wolfgang Gößmann durch einen Seiteneingang ins Haus gelassen und zum Büro von Kommunikationschefin Michaela Fischer-Zernin begleitet habe. Auch ein "hochrangiger" Prevent-Mitarbeiter habe bereits gewartet. Technikspezialist U. sei erklärt worden, er solle eine Wanze in Roths Büro installieren, um diesen inkorrekten Verhaltens überführen zu können. Nach Abendblatt-Informationen soll auch eine Überwachungskamera, die normalerweise erst nach Verlassen des Büros anspringen soll, dauerhaft "scharf" geschaltet worden sein. U. soll Behm zudem "gebeichtet" haben, dass er auch in Roths Wohnung in Alsternähe eingedrungen sei und versucht habe, das Telefon anzuzapfen. Die brisanteste Info aber war, dass U. auch die Mail verschickt haben will, auf deren Grundlage Roth im April 2009 gefeuert worden war.
Das ging so: Auf der Suche nach einem internen Leck, aus dem mehrfach vertrauliche Informationen aus der Bank gesickert waren, wurden im Frühjahr 2009 markierte Schreiben an mehrere Vorstände verschickt. Laut "Spiegel" steckten Vorstandschef Nonnenmacher und Justiziar Gößmann persönlich hinter der Aktion. Aus dem damaligen Aufsichtsrat, der mindestens hätte eingeweiht werden müssen, heißt es, man sei nicht informiert worden. Tatsächlich soll ein nur an Roth verschicktes Schreiben bei der englischen Zeitung "Guardian" aufgetaucht sein. Gößmann und der Potsdamer Rechtsanwalt Joachim Erbe erklärten dem Aufsichtsrat daraufhin die "erdrückende Beweislast" gegen Roth, und am 16. April wurde dieser entlassen. Tags darauf erstattete die Bank sogar Strafanzeige. Hat Roth die Mail gar nicht verschickt? Sondern U.?
Betriebsratschef Behm ließ jedenfalls alle Aussagen von Arndt U. protokollieren und leitete das brisante Schreiben vor 14 Tagen an HSH-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper weiter. "Kein Vorstandsmitglied hatte bis zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den darin geschilderten Vorgängen", teilte die HSH gestern mit. Demzufolge habe kein Vorstand solche Aufträge erteilt oder hätte sie auch nur gebilligt, stellte ein Sprecher klar. Das werde in dem Protokoll auch nicht behauptet. "Anderslautende Berichte sind falsch."
Dennoch wurde Gößmann, der die Vorwürfe durch einen Anwalt zurückweisen ließ, vorübergehend seiner Aufgaben entbunden. Und gegen Arndt U. erstattete die Bank Anzeige. "Wir ermitteln gegen einen ehemaligen Sicherheitsberater der HSH in Zusammenhang mit der Manipulation im Bereich der internen Kommunikation", bestätigte Staatsanwalt Bernd Mauruschat.
Frank Roth sieht sich durch die Angaben von U. schon rehabilitiert: "Dass eine von Steuergeldern getragene Bank in solche - offenkundig kriminellen - Vorgänge verwickelt ist, ist ein zutiefst erschütternder Vorgang, der meinen damals forcierten Abgang von der HSH Nordbank nun in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt", sagte er gestern. Er lasse nun straf- und zivilrechtliche Konsequenzen prüfen und erwarte eine Entschuldigung der Bank. Roth zufolge sei das Ermittlungsverfahren gegen ihn bereits am 24. Juni 2010 eingestellt worden.
Zufall oder nicht? Wenige Tage bevor der "Spiegel"-Artikel erschien, landeten Informationen bei der Nachrichtenagentur dpa-afx, wonach HSH-Vorstandsmitglied Bernhard Visker die Bespitzelung von Mitarbeitern und Vorständen in Auftrag gegeben habe. In Viskers Umfeld wird vermutet, dass Nonnenmacher sich auf ähnliche Art wie bei Roth des letzten noch verbliebenen Vorstandsmitglieds entledigen wolle, das nicht er in die Bank geholt habe. "Nonnenmacher fühlt sich von Feinden umzingelt", sagt ein Insider. Visker selbst wollte sich dazu nicht äußern, betonte auf Abendblatt-Anfrage aber: "Ich halte die gegen mich im Raum stehenden Anschuldigungen für absurd."