Zum letzten WM-Spiel der Deutschen ging es auf dem Heiligengeistfeld entspannt zu. Ein Stimmungsbericht von Abendblatt-Mitarbeiter Christopher Beschnitt.
Hamburg. Kurz vor 20.30 Uhr: Im südafrikanischen Port Elizabeth ertönt die deutsche Nationalhymne – und auf dem Hamburger Heiligengeistfeld singt kaum jemand mit . „Och nö…“ ist die ebenso ausweichende wie lustlose Antwort von Stefan Hansen, 31, aus Winterhude auf die Frage, warum er denn nicht auch – wie Jogis Kicker beim WM-Spiel um Platz drei – die paar Zeilen um „Einigkeit und Recht und Freiheit“ mitschmettere. Um Hansen herum herrscht großes Gewusel: Die nach Polizei-Angaben gut 5000 Menschen , die heute zum Fanfest erschienen sind, scheinen noch längst nicht angekommen zu sein. An den Eingängen trudeln alldieweil immer wieder neue Leute ein, eilig scheinen sie es nicht zu haben.
+++ Schalalalala - eine Fanfahrt, die ist lustig +++
„Heute geht’s ja auch um nix mehr“, meint dazu Jana Alsmann, 25, aus Barmbek. Warum sie denn dann überhaupt den Weg zum „Public Viewing“ auf sich genommen habe? „Weil ich mit meinen Freundinnen ein bisschen feiern will!“ Dieser Meinung sind heute Abend offenbar viele: Zwar ist die Stimmung fußballtechnisch eher trübe – aber was das Partybarometer angeht, ja, da ist alles bestens: „’54, ’74, ’90, 2014“, grölen die einen, „Waka Waka – This Time for Africa“, johlen die anderen. Jeweils besonders laut schwellen diese Fangesänge natürlich bei den deutschen Toren an, dann immer umrahmt von wildem Fahnenschwenken und stolzem Tippen auf die schwarz-rot-goldene Schminke im Gesicht.
+++ DRK-Einsatz auf dem Fanfest +++
Doch wie gesagt: Eigentlich sind diese Fangesänge „nur“ Feten-Singsang. Was sich zum Beispiel daran bemerkbar macht, dass bei den beiden Treffern Uruguays einfach nichts geschieht: Kraftausdrücke? Hände-auf-den-Kopf-Schlagen? Gar Tränen? Keine Spur von alledem auf dem Heiligengeistfeld. Und so verwundert es auch kaum, dass die wenigen Uruguay-Anhänger ungehindert ihre Mannschaft bejubeln können, dass die paar „España“-Rufe zwischendurch völlig unquittiert bleiben. „Sollen die doch kreischen, was sie wollen“, sagt etwa Martin Walthers, 28, aus Wandsbek. „Ich will heute bloß ’nen schönen Abend haben“, fügt er hinzu und nimmt einen kräftigen Schluck Pils aus dem Becher. Das sei übrigens ein großer Vorteil am heute ziemlich mau besuchten Fan-Fest: „Warten musst du diesmal nirgendwo!“ Weder an den Bier- und Frittenbuden, noch bei Tischfußball und Torwandschießen.
Schließlich siegt die deutsche Nationalelf: 3:2 gewinnen Jogis Balltreter, „und das freut mich ehrlich!“, schreit Stefan Hansen – der nun neckischerweise das nachholt, was er am Anfang verpasst hat: das Singen der Nationalhymne. Um Hansen herum ziehen derweil bereits viele, ja wohl die meisten, der Fan-Fest-Besucher von dannen. Was bleibt, das ist jetzt, gegen 22.30 Uhr, bei der Fußball-WM in Südafrika ein dritter Platz für Deutschland – und in Hamburg ein staubiger, großer, leerer Platz, der sich jetzt schon aufs nächste sportliche Großereignis freuen kann. „Denn das“, mein Stefan Hansen nun, „ist ja das Schöne an uns Deutschen: Wir planen immer alles akribisch und weit im Voraus – jetzt also den WM-Titel 2014!“