Einzelhändler und ganze Quartiere rüsten sich mit Turnieren, Kuchen und Fanartikeln für die Weltmeisterschaft in Südafrika.
Hamburg. Mit der Fußball-Weltmeisterschaft ist es ein bisschen wie mit Silvester. Es gibt diejenigen, denen das Spektakel egal ist und die zu Hause bleiben, es ruhig angehen lassen. Und es gibt diejenigen, die in diesen Tagen überlegen, wie und wo sie den Sonntagabend verbringen werden, wenn die deutsche Mannschaft zum ersten Mal antritt. Allein vor dem Fernseher? Mit Freunden oder beim Public Viewing? Das Lebensgefühl in der Stadt ist eindeutig auf der Seite der Fußballfans. Die Hamburger decken sich ein mit verrückten Fanartikeln wie Plastiknasen in Schwarz-Rot-Gold. Sie lassen Deutschlandfahnen an ihren Hausfassaden herunterhängen, wie die Familie in dem Holzhaus an der Arnold-Heise-Straße in Eppendorf. Und an den Autos flattern wieder Deutschland-Fähnchen. Die WM 2010 kann starten.
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"Jetzt geht es richtig los. Seit zwei, drei Wochen zieht das Geschäft an. Fanartikel vom Fußball bis zum Aufkleber verkaufen sich auf sehr hohem Niveau", sagt Ulf Kalkmann vom Einzelhandelsverband Hamburg. Bis zur WM-Eröffnung am Freitag werde das Geschäft noch weiter anziehen. "Ob der Riesenhype weitergeht, hängt natürlich vom Weiterkommen der deutschen Mannschaft ab."
Bei FahnenFleck am Neuen Wall rüsten sich die Fans mit kleinen und großen Nationenfahnen aus. Sie kaufen Hüte mit Fußballbommeln oben drauf, Hawaiiketten in den deutschen Nationalfarben und laute Tröten. "Das Geschäft läuft seit zwei Wochen super", sagt Filialleiterin Birgit Born-Neubert. Während die Frauen versuchen, einen gewissen Stil zu wahren und Federboas kaufen und künstliche Wimpern, haben die Männer mit Peinlichkeiten weniger Probleme. Sonst würden sie ja nicht besonders gern diese optisch fragwürdigen "Trink-Mützen" kaufen, auf die zwei Dosen Bier mit Strohhalm passen.
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Ob an Tankstellen, in Drogerien, in Warenhäusern, in Sportgeschäften oder in Bäckereien - im Moment, so scheint es, versucht der gesamte Hamburger Einzelhandel, mit der Weltmeisterschaft Geschäfte zu machen. Auch wenn diese Läden sonst mit Fußball gar nichts zu tun haben. In den Kamps-Filialen gibt es WM-Kuchen, selbstverständlich in den Farben Schwarz-Rot-Gold, oder "Schiri-Donuts" mit einer Trillerpfeife. Ob es schmeckt? Egal, Hauptsache WM. Die Confiserie Paulsen an der Poststraße in der Innenstadt verkauft ganze Fußballmannschaften. Aus Schokolade natürlich. Manche Optiker haben Kontaktlinsen mit Fußballmotiv. Weingut an der Eichenstraße in Eimsbüttel bietet während der WM zwischen Nachmittags- und Abendspiel ein Abendessen in den Landesfarben eines der beteiligten Teams.
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Im Kosmetikstudio Bella pelle am Schulterblatt 3 gibt es an allen Spieltagen die Finger- oder Fußnagellackierung in den Farben Schwarz, Rot, Gold gratis zur Maniküre oder Pediküre. So richtig krachen lassen es die Geschäftstreibenden in der Neustadt. Ab morgen bis zum 11. Juli lädt das Quartier rund um den Großneumarkt Fußballfans und Fußi-Muffel ein. Im Atelier Freier Fall an der Wexstraße 35 druckt beispielsweise Anita Braun vor Ort Fußball-Vokabular wie "Schwalbe", "Abseits" oder "Heimspiel" im Handsiebdruck auf Herrenunterhosen oder Schürzen. Nebenan bei Frohstoff, Hausnummer 38, können trendbewusste WM-Fans, die sich nicht irgendeinen Hut mit Bommeln aufsetzen wollen, ihre eigenen Lieblingsstücke mit Fußballmotiven bedrucken. In der Galerie Carstensen an der Brüderstraße zeigt die Künstlerin Kati Kreklau Bilder vom Alltagsleben der Menschen in Afrika. Bei Richard-Interieurgeschäft gibt es handgefertigte Sitzhocker in Fußballform. Fräulein Bob Friseure bietet elf Prozent Rabatt auf die neue Frisur an dem Tag, an dem das Land der eigenen Nationalität spielt. "Die Aktionen zur WM sprechen Fußballfans an, die Wert auf Originelles und Außergewöhnliches legen", sagt Quartiersmanager Sascha Bartz.
Auch im Katharinenquartier rund um die Hauptkirche in der Altstadt hat man sich einiges ausgedacht: Neben Public Viewing, Musik und WM-Gottesdiensten am 13., 27. Juni und 11. Juli jeweils um 11 Uhr, bietet das Programm am Katharinenfleet viel für Kinder, zum Beispiel ein Straßenfußballturnier am Sonnabend, 26. Juni, um 13 Uhr. Pastor Frank Engelbrecht: "Unsere Idee ist, ein Public Viewing für die Nachbarschaft anzubieten."