Der Ex-Kunsthallen-Chef attackiert Kultursenatorin Karin von Welck. Der Streit in Hamburgs Museumspolitik geht in eine neue Runde.
Hamburg. Nicht einmal eine Woche ist seit dem Bürgerschaftsbeschluss zur Entwicklung der Hamburger Museen vergangen, schon gibt es erneut heftige Kritik am Umgang der Hansestadt mit ihren musealen Institutionen. Eben erst hatte Wulf Köpke, der Direktor des Völkerkundemuseums, beim "tourismuspolitischen Frühstück" des Tourismus-Verbandes moniert, dass im Hamburg-Leitbild "Wachsen mit Weitsicht" zwar viel von Musik, aber nicht ein einziges Mal von Museen die Rede sei. Nun wirft der ehemaliger Kunsthallen-Direktor Werner Hofmann der Kultursenatorin gar "rufmordende Politik" vor. In einem Brief, der dem Abendblatt vorliegt, rechnet Hofmann in außergewöhnlicher Schärfe mit Karin von Welcks Politik gegenüber der Kunsthalle ab. Die nun beschlossenen Maßnahmen seien eine "Demütigung" und "Entmündigung" von Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner. Wörtlich schreibt Hofmann: "Künftig muss er (Gaßner) alle Ausstellungen ein Jahr vor dem Termin als 75-prozentig finanziert anmelden, wenn er die Zustimmung des Stiftungsrates gewinnen will; das neue 'Kuratorium' soll bei der Auswahl der Ausstellungen und bei der Hängung der Sammlung mitreden, eine Experten(!)-Jury entscheidet, ob ein herausragendes Projekt der Kunsthalle Mittel aus dem Zwei-Millionen-Topf erwartet werden darf, die von Ihnen in entwaffnender Offenheit als 'Belohnung' aufgefasst werden. Belohnung wofür? Für Folgsamkeit gegenüber der Behörde vermutlich."
Vernichtend fällt Hofmanns Urteil über das bereits 1999 unter Kultursenatorin Christina Weiss eingeführte Stiftungsmodell aus. "Ich erspare mir, neuerlich auszuführen, was in diesen Wochen mehrfach gesagt wurde und nicht widerlegt werden konnte: dass dieser Schritt in die 'Privatisierung' nicht funktionsfähig ist, da die finanzielle Ausstattung nicht ausreicht. Anstatt diesen Geburtsfehler zu beheben (oder wenigstens als solchen einzuräumen), haben Sie sich ein neues, weniger kostenträchtiges Modell der behördlichen Fürsorge einfallen lassen - die Überwachung durch ein Spitzelsystem. Ein angesehener (emeritierter) Münchner Museumsdirektor hat sich Ihnen zur Verfügung gestellt und versieht Sie regelmäßig mit Informationen über Missstände, Fehlplanungen etc. in der Kunsthalle - wissend, dass er damit gegen das selbstverständliche Gebot der Standesehre und der Kollegialität verstößt. Merken Sie nicht, dass Ihr Einfall ein trauriges Vorbild in dem Staat hat, der zum Glück vor 20 Jahren verschwunden ist?"
Mit dem Münchner Museumsdirektor ist Reinhold Baumstark gemeint, der ehemaligen Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, der als Mitglied der von Karin von Welck eingesetzten Expertenkommission das wirtschaftliche Agieren der Kunsthalle negativ dargestellt hatte .
"Wenn Sie demnächst als Totengräberin der Hamburger Kunsthalle in die Lokalchronik eingehen wollen, brauchen Sie nur den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen", schreibt Hofmann, der zugleich ankündigt, die prekäre Situation der Hamburger Kunsthalle vor der Unesco-Organisation International Council of Museums (Icom) zur Sprache zu bringen.
Der 1928 in Wien geborene Werner Hofmann war 1959 bis 1969 Gründungsdirektor des Museums des 20. Jahrhunderts in Wien und anschließend 20 Jahre lang Direktor der Hamburger Kunsthalle. Er hat in Berkeley und an der Harvard University als Gastprofessor gelehrt, zahlreiche Bücher veröffentlicht und gilt als einer der renommiertesten und einflussreichsten europäischen Kunsthistoriker.