Selten hat Olaf Scholz sich so deutlich geäußert. Jetzt nutzte Hamburgs SPD-Chef den Neujahrsempfang der Fraktion zu klaren Worten im Affärensumpf.
Hamburg. Hamburgs SPD-Landeschef Olaf Scholz hat ungewöhnlich offen Stellung zu den aktuellen "unangenehmen Dingen" in seiner Partei Stellung genommen. Mit Blick auf zwei laufende Strafverfahren, die die Partei derzeit bedrückten, sagte Scholz am Sonntag auf dem Neujahrsempfang der SPD-Bürgerschaftsfraktion: "Wenn die Gerichte endlich herausgefunden haben, was sich zugetragen hat, ... dann fliegt derjenige, der da überführt worden ist, hochkantig aus der sozialdemokratischen Partei heraus." Und dann fügte Scholz hinzu: "Weil ja auch Landesvorsitzende Gefühle haben, obwohl es so sein sollte, dass man immer wieder die Nerven bewahren muss: Ich bin auch rachsüchtig! Und derjenige, der das gemacht hat, kann nicht mit Nachsicht rechnen, wenn wir wissen, was sich wirklich zugetragen hat."
Hintergrund der Äußerungen des Landesvorsitzenden ist der Fall des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik. Der ehemalige Parteisprecher ist wegen des Verdachts der Vermittlung einer Scheinehe angeklagt. Er war es auch, der im Sommer dem damaligen SPD-Landeschef Ingo Egloff ein gefälschtes LKA-Papier vorlegte, in dem die Abgeordneten Mathias Petersen und Thomas Böwer bezichtigt wurden, ihn angezeigt zu haben. Wer der Verfasser dieses Papiers ist, das ist bislang unklar und Gegenstand von staatsanwaltlichen Ermittlungen. Böwer hatte am Freitag den Parteiausschluss von Ciftlik gefordert. Zuvor hatte er Einblick in die Ermittlungsakte zu den sogenannten LKA-Fälschungen genommen.
Scholz, der in seiner Rede den Namen Ciftlik nicht erwähnte, sagte am Sonntag, man müsse die Entscheidung der Gerichte abwarten. Allerdings machte er auch klar: "Wenn es zu einer Verurteilung kommt, dann kann man auch nicht mehr Mitglied der Hamburger Bürgerschaft sein. Das hat die Hamburger SPD für sich völlig klargestellt." Zudem sagte Scholz ungewöhnlich deutlich: Er wisse zwar nicht, wie die Verhandlungen vor Gericht ausgehen würden. "Aber ich bin ziemlich überzeugt, ein unbekannter Dritter war das nicht. Das ist wohl leider jemand, den wir kennen. Jemand, der sein Freunde und auch die Partei belogen hat und es wahrscheinlich immer noch tut. Und der damit das Ansehen der sozialdemokratischen Partei in Hamburg und ihre politische Führung immer wieder in Misskredit bringt."