Verkehrsbetriebe in Hamburg und Schleswig-Holstein rechnen mit 250 000 Euro Erstattung.

Hamburg und Schleswig-Holstein wollen die Bahnunternehmen in die Pflicht nehmen. Bei Zugverspätungen von mehr als 20 Minuten sollen Bahnkunden die Hälfte des Fahrpreises erstattet bekommen. Diese Regelung könne schon im Herbst in Kraft treten, sagte der Geschäftsführer der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS), Bernhard Wewers, in Kiel. Vorher seien aber noch einige "technische Details" zu klären.

Größter Knackpunkt der "Kundengarantie" ist ihre Finanzierung. Die Verkehrsbranche fürchtet in Hamburg Mehrkosten von bis zu 100 000 Euro, weil die Regelung dort nicht nur für U- und S-Bahnen, sondern auch für alle Busse und Schiffe im HVV-Bereich gelten soll. Im größeren Schleswig-Holstein gehen die Bahnunternehmen davon aus, dass sie jährlich um die 150 000 Euro erstatten müssten. Wewers nannte keine Zahlen, machte aber deutlich, dass die Länder notfalls einen Teil der Mehrkosten übernehmen könnten.

"Mit der einheitlichen Kundengarantie wird der Nahverkehr noch attraktiver", sagte Wewers. Klar ist, dass es bisher im Norden ein Garantiechaos gibt. Die Nord-Ostsee-Bahn (etwa Hamburg-Sylt) erstattet 50 Prozent des Fahrpreises bei Verspätungen von mehr als 30 Minuten, die Regionalbahn (zum Beispiel Hamburg-Lübeck) 25 Prozent bei mehr als 60 Minuten Verzug. In Hamburg gibt es keine entsprechende Regelung. Die beiden Nordländer haben sich bereits viele Gedanken darüber gemacht, wie sie ihre radikale Regelung im Nahverkehr umsetzen und wie betroffene Bahnkunden zu ihrem Geld kommen.

Ein Modell: Die Fahrgäste füllen einen Erstattungsantrag (Download aus dem Internet) aus und schicken ihn gemeinsam mit dem Bahnticket an den HVV oder die LVS. Ihr Geld könnten sie in Hamburg in einer HVV-Geschäftsstelle oder in Schleswig-Holstein per Banküberweisung erhalten.

Nach demselben Verfahren könnten auch die vielen Pendler, die meist eine Monatskarte nutzen, ihre Bummel-Prämie einstreichen. Sie bekämen allerdings nicht die Hälfte des normalen Tagesfahrpreises erstattet, sondern wegen der Monatskarte nur den niedrigeren Durchschnittspreis. An den Einzelheiten werde noch gearbeitet, hieß es bei der LVS.

Klar ist, dass die Züge in Schleswig-Holstein 2008 auch ohne Kundengarantie pünktlicher fuhren als im Vorjahr. Die Fahrplan-Quote (höchstens fünf Minuten Verspätung) stieg auf landesweit 92,8 Prozent (Vorjahr 91 Prozent). Selbst problematische Strecken, etwa von Hamburg nach Sylt, Kiel oder Lübeck, kamen über 90 Prozent. Zu den Spitzenreitern gehört erneut die AKN. Ihre Züge waren zu 98,2 Prozent pünktlich.

Für 2009 versprach die LVS einen Ausbau des Bahnangebots. Ab Dezember fahren die Züge auf der Route Hamburg-Lübeck ganztägig im Halbstundentakt.

Umstritten sind zwei weitere Projekte aus der Denkwerkstatt der Kieler LVS. Sie möchte zum einen nach Vorbild des Hamburger Job-Tickets (HVV ProfiCard) auch in Schleswig-Holstein eine Monatskarte mit Sonderrabatt für Beschäftigte einführen, zum anderen eine preiswerte Monatskarte für Spätaufsteher, die erst ab neun Uhr gilt. Vorbild ist die Hamburger CC-Karte. Die Verkehrsunternehmen in Schleswig-Holstein sind skeptisch. Sie rechnen nicht mit mehr Fahrgästen, sondern weniger Einnahmen.