Zollzaun, Finkenwerder Ortsumgehung, Domplatz, Flughafen-S-Bahn - manchmal dauert es Jahre, bevor es losgeht.

Ein symbolischer erster Spatenstich, eindrucksvoll für Fotografen in Szene gerückte Arbeiten für einen Baustart: Solche Termine gehören seit jeher zu den liebsten Terminen von Politikern. Gern auch einmal kurz vor Wahlen. Und gern auch dann, wenn die Umsetzung noch ein Weilchen dauert: so zum Beispiel am Domplatz . Am 31. Januar dieses Jahres, drei Wochen vor der Bürgerschaftswahl, setzte Axel Gedaschko (CDU), seinerzeit Stadtentwicklungssenator, symbolisch den ersten Spatenstich in die geschichtsträchtige Erde vor der Petrikirche. Zuvor war der Senat mit seinen Plänen für ein gläsernes Bürohaus (Glaspalast) für den Domplatz gescheitert . Jetzt soll ein neuer, etwa 1,2 Millionen Euro teurer Archäologiepark als zehnjährige Zwischenlösung die Hamburger wieder mit dem ehemaligen Parkplatz mitten in der Stadt versöhnen.

Doch nach dem ersten Spatenstich geschah dann das, was bei Bauprojekten in Hamburg häufiger geschieht: nämlich nichts. Außer ein paar "vorbereitenden Arbeiten", wie es im Bezirk Mitte heißt. Zwar war dort im Sommer schweres Baggergerät zu sehen - allerdings nicht, um den neuen Park zu bauen. Sondern um eine Fernwärmeleitung zu erneuern.

Erst jetzt geht es mit dem Bau des Parks so richtig voran: Gut 120 Tonnen schwere Stahlhügel sind dort mit dem Autokran aufgebaut worden. Sie sollen später an eine Wallanlage erinnern, die an dieser Stelle im 10. Jahrhundert einmal gestanden hat und als eine der Keimzellen Hamburgs gilt. Außerdem geplant: neue Rasenflächen, neue Bäume und neue Bänke, die im Dunklen beleuchtet werden.

Ein Problem gibt's laut Bezirk noch bei den Leuchten: Lieferschwierigkeiten, sodass sie erst im Frühjahr installiert werden können. Mehr als ein Jahr nach dem ersten Spatenstich.

Doch mit solchen langen Zeitabläufen kennt man sich aus in Hamburg. Zweites Beispiel: der alte Stacheldraht-Zollzaun zwischen Speicherstadt und Innenstadt . Seit 2003 ist er überflüssig, weil die Speicherstadt nicht mehr zum zollfreien Freihafen gehört. Am 6. Februar dieses Jahres kurz vor der Bürgerschaftswahl kündigte die Stadt dann den Abriss an und lud zum Fototermin: Arbeiter flexten knapp 60 Meter zwischen Kibbelstieg- und Jungfernbrücke heraus. Die restlichen 640 Meter sollten im Laufe der weiteren Monate fallen, damit "Innenstadt, die Speicherstadt und die HafenCity baulich und im Bewusstsein zusammenwachsen", wie es in der Ankündigung der Stadtentwicklungsbehörde hieß.

Bedauerlich nur, dass der gemeine Hamburger auf diese Bewusstseins-Erweiterung weiter warten muss. Die 640 Meter Zollzaun stehen noch immer. Die Finanzierung steht leider doch noch nicht so richtig, heißt es nun zur Begründung in der Stadtentwicklungsbehörde.

Mit solchen Startschwierigkeiten kennt man sich dort aber aus. Und das mit Projekten, die weit komplizierter sind als ein Zollzaun. Am 15. Juli 2005 zum Beispiel: Da ließ sich der heutige Finanz- und damalige Stadtentwicklungssenator Michael Freytag beim ersten Spatenstich für die Ortsumgehung in Finkenwerder fotografieren. "Ein guter Tag für Hamburg", wie Freytag es so gern formuliert. Und ein wenig zu früh, wie er es schon damals wissen konnte: Denn in der Folge bekamen streitbare Obstbauern vor Gericht recht und erzwangen weitere Verhandlungen mit der Stadt. Zwar gab es seitdem immer mal wieder "Durchbruch-Meldungen", doch verhandelt wird eigentlich noch immer.

Möglicherweise kann die heutige Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) irgendwann einmal zu einem zweiten ersten Spatenstich laden. In der Baugeschichte Hamburgs wäre das noch nicht einmal ein Novum: Für die Flughafen-S-Bahn grub bereits im Mai 1991, zufälligerweise kurz vor den Bürgerschaftswahlen, der damalige Bausenator Eugen Wagner (SPD) einen ersten Spatenstich. Dann wurde das Projekt auf Eis gelegt und knapp zehn Jahre später machte Wagner den zweiten Anlauf zum Baustart. Doch selbst dieser doppelte Spatenstich ist noch kein Garant für schnellen Baufortschritt. Erst in diesem Winter, fast zehn Jahre nach dem zweiten ersten Spatenstich, soll die neue S-Bahnlinie eröffnet werden . Der Domplatz dürfte dagegen nahezu blitzartig auf seine Vollendung zugehen. Möglicherweise jedenfalls.


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