Innensenator Christoph Ahlhaus betont, dass die Gewaltkriminalität rückläufig sei - auch die Zahl ausländischer Täter.

Hamburger Abendblatt:

Herr Senator, Schießereien am Dammtor, Messerstechereien auf dem Kiez, in der S-Bahn und im Jugendamt, ein sogenannter "Ehrenmord" und nun eine Schießerei in einem Billstedter Treppenhaus. Können Sie verstehen, dass mancher Hamburger sich nicht mehr sicher in der Stadt fühlt?

Christoph Ahlhaus:

Angesichts von Gewalttaten, die ja auch Aufsehen erregen, kann ich nachvollziehen, dass die Menschen sich sorgen. Zugleich kann ich die Hamburger beruhigen. Wir haben es hier mit einer zufälligen Anhäufung von Straftaten zu tun, die in keinerlei Zusammenhang miteinander stehen. Es gibt auch keinen Trend zu mehr Gewalt.



Abendblatt:

Es fällt auf, dass unter den Tätern viele Zuwanderer sind. Haben wir, wie Roland Koch es sagt, ein Problem mit Ausländerkriminalität?

Ahlhaus:

Wir haben ein Problem mit Kriminalität, dabei ist es nicht in erster Linie entscheidend, welchen Pass ein Täter hat. Trotzdem haben wir bei der Tätergruppe der 18- bis 25-Jährigen tatsächlich einen überproportionalen Anteil von Ausländern. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Aber die Zahl der ausländischen Täter geht zurück.



Abendblatt:

Was können wir gegen die Gewaltbereitschaft vieler junger Männer mit Migrationshintergrund tun?

Ahlhaus:

Die Hamburger Polizei differenziert nicht zwischen deutschen und ausländischen Gewalttätern. Wir tun alles, um solche Taten zu verhindern, sie aufzuklären und die Verdächtigen in Haft zu bringen. Gewalt ist ein gesellschaftliches Problem, das von der Polizei nicht allein gelöst werden kann.



Abendblatt:

Im Fall des sogenannten "Ehrenmordes" an Morsal O. war die Familie eingebürgert. Müssen die Einbürgerungsverfahren verändert werden, um zu testen, ob Integration wirklich gelungen ist?

Ahlhaus:

In Hamburg wird es demnächst einen neuen Einbürgerungstest geben. Aber in die Köpfe der Menschen können Sie auch mit dem besten Test nicht reingucken. Wir plädieren übrigens nach wie vor dafür, dass in die Kriminalitätsstatistik künftig auch eingetragen wird, ob ein Deutscher einen Migrationshintergrund hat. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun. In so eine Statistik gehören einfach alle nötigen Daten von Straftätern, damit man auf daraus resultierende Erkenntnis gegebenenfalls reagieren kann.



Abendblatt:

Unabhängig von der Herkunft der Täter scheint es eine Brutalisierung der Gesellschaft zu geben.

Ahlhaus:

Die Statistik zeigt, dass die Zahl der Gewaltdelikte zurückgeht, zuletzt um 1,2 Prozent. Aber natürlich ist sie noch zu hoch. Wir arbeiten daran, sie weiter zu senken. Auf St. Pauli, wo es die meisten Gewalttaten gibt, haben wir die Videoüberwachung und das Messerverbot eingeführt. Am Wochenende haben wir dort die höchste Polizeidichte Deutschlands.



Abendblatt:

Polizeigewerkschafter klagen, dass es zu wenig Stellen gebe und zu viel Beamte mit dem Bewachen von Konsulaten beschäftigt würden.

Ahlhaus:

Wir haben die Polizei in den letzten Jahren sehr gut ausgestattet. Aber dieser Senat hat auch ehrgeizige haushaltspolitische Ziele. Daher wird es auf absehbare Zeit wohl keine zusätzlichen Stellen geben können, auch wenn ich den Wunsch nachvollziehen kann.



Abendblatt:

Dann steht die innere Sicherheit also nicht mehr oben auf der Agenda des Senats?

Ahlhaus:

Doch, sie steht oben. Uns ist es gelungen, die Zahl der Straftaten um 80 000 zu senken. Hamburg war Spitzenreiter bei der Kriminalität in Deutschland, jetzt liegen wir auf Platz 7 und haben den deutlichsten Rückgang von allen. Hamburg ist eine sichere Stadt, auch wenn ich die Sorge der Bürger verstehen kann.