Tödliche Messerstiche auf der Reeperbahn, ein 13-Jähriger, der seinen Spielkameraden mit einem Brieföffner fast ersticht, ein Bruder, der seine jüngere Schwester niedermetzelt, gestern die Stalking-Attacke mit drei Verletzten und einem toten Angreifer (Berichte S. 13, 14). All dies Taten aus Hamburg. Nicht aus einem Jahr, sondern aus wenigen Tagen. Eine zufällige Häufung? Oder ist Hamburg wirklich unsicherer, brutaler geworden, so wie es nicht wenige Bürger angesichts der täglichen schockierenden Nachrichten fühlen?

Statistisch lässt sich eine Häufung brutaler Taten nicht belegen. Aber Statistiken geben niemals gefühlte Wahrheiten wieder. Niemandem ist es also zu verübeln, wenn er nach einer Flut schockierender Nachrichten aus der Nachbarschaft ein mulmiges Gefühl zurückbehält. Und doch sind es eben nur gefühlte Wahrheiten. Keine der Taten hat etwas mit einer der anderen zu tun. Keine ist eine Folgetat, keine Bestandteil einer Serie. Die Bedrohung bleibt also unkonkret, nebulös. Das Schlimmste, was in einem solchen Moment kollektiven Bedrohungsgefühls passieren kann: dass ein Allgemeinschuldiger gesucht und als Urheber der Gemengelage an den Pranger gestellt wird. In diesem Falle trifft diese Gefahr Zuwanderer. Alle oben aufgeführten Taten sind von Menschen begangen worden, die nicht in Deutschland geboren wurden. Sie kamen aus Jamaika, Polen, Afghanistan. Einer agierte aus familiärem Fanatismus, einer aus Eifersucht, einer war in einem Zustand drogenbedingter Raserei, der 13-Jährige schließlich aus kindlicher, allein gelassener Wut. Es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen den Taten. Es wäre deshalb fatal, sie über einen Kamm zu scheren. Verallgemeinerungen sind fehl am Platze und schüren Fremdenfeindlichkeit. Es käme auch niemand auf die Idee, die Fälle Fritzl und Kampusch "den Österreichern" in die Schuhe zu schieben.