Hamburgs Innensenator verteidigt kompromissloses Vorgehen im Vorfeld des Gipfels. G-8-Gegner kritisierten die Razzien der Polizei.

Hamburgs Innensenator Udo Nagel hat angesichts der bundesweiten Razzia bei Globalisierungskritikern gestern einen kompromisslosen Kurs der Sicherheitsbehörden angekündigt. "Ich appelliere an alle friedlichen Demonstranten, sich von Extremisten klar und deutlich zu distanzieren. Mit Straftätern werden wir nicht diskutieren", erklärte der parteilose Politiker.

Die Durchsuchungen zeigten, "dass die Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Extremisten nicht wehrlos sind". Niemand habe etwas gegen friedliche Versammlungen im Zusammenhang mit dem Gipfel in Heiligendamm. "Aber die Polizei wird ihre Null-Toleranz-Strategie gegen Randalierer, Chaoten und andere Straftäter fortsetzen."

Neben Hamburg waren auch Objekte vor allem in Berlin, aber auch in Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen im Visier der Fahnder. In Bremen durchsuchten Fahnder nach Abendblatt-Informationen die Räume von Fritz S. (67), eine bekannte Figur der linken Szene. Der Hamburger war hier bereits vor Jahren wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

In der Hauptstadt wurden mindestens acht Wohnungen und Büros durchsucht - darunter auch Räume einer linksalternativen Internet-Plattform in Kreuzberg. G-8-Gegner kritisierten, mit den Razzien solle "die Kommunikationsstruktur der Anti-G-8-Bewegung empfindlich gestört werden". Es sei nach elektronischen Verbindungsdaten und Beweisen zur Finanzierung einer militanten Kampagne gegen den Gipfel gesucht worden. Die globalisierungskritische Organisation Attac, nach eigenen Angaben von der Razzia nicht betroffen, sprach von einem "Versuch, das gesamte Spektrum der G-8-Gegner zu kriminalisieren". Für die "Antifaschistische Linke Berlin" sagte ein Sprecher, diese Aktionen würden "eher motivierend wirken". Die Linkspartei wies der Bundesregierung die Verantwortung zu. Sie nehme billigend in Kauf, dass "ein Klima der Eskalation" befördert werde.

Die Berliner Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Barbara Oesterheld, nannte die Durchsuchungen einen "Versuch, die Aktivitäten im Vorfeld des G-8-Gipfels zu kriminalisieren". Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hielt es für möglich, dass Polizei und Bundesanwaltschaft mit einer Reihe von solchen Aktionen Signale in der Szene setzen wollten.

Unterdessen ordnete Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) an, dass aus Sicherheitsgründen vor und während des Gipfels an den Grenzen zu den EU-Nachbarländern wieder Kontrollen durchgeführt werden können. Sie erfolgen lageabhängig und sollen die Anreise potenzieller Gewalttäter verhindern. "Besonderes Augenmerk gilt den Gefahren durch gewalttätige Globalisierungsgegner", so Schäuble.