Münchner Architekt Auer tief enttäuscht: “Das Projekt wurde von Vornherein schlechtgeredet.“ Bis Ende 2007 archäologischer Parcours geplant.

Die Mitteilung, dass der Senat auf seiner Sitzung am Vormittag das endgültige Aus des Glaspalasts auf dem Domplatz beschlossen hatte, überbrachte Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) den Journalisten in einem Nebensatz. Die Senatorin, die in der Landespressekonferenz erschienen war, um Auskunft über die Neuordnung der Hamburgischen Museenlandschaft zu geben, leitete ihre Ausführungen mit dem Wort "übrigens" ein. So, als ob es die normalste Sache der Welt sei, ein Projekt zu beerdigen, in das rund vier Jahre lang viel Arbeit, insgesamt rund 2,4 Millionen Euro und viele Wortgefechte investiert worden waren.

Weder Bürgermeister Ole von Beust (CDU) noch Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) wollten es sich offenbar antun, das Ende des heftig umstrittenen Bauvorhabens persönlich bekannt zu geben. Welche Senatsstrategen auf die Idee gekommen waren, das Thema dadurch kleinhalten zu können, dass man es zuvor noch nicht einmal auf die Tagesordnung der Landespressekonferenz gesetzt hatte, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Gelungen ist es ihnen nicht. Denn die Entscheidung ist eine spektakuläre Wende in einem Architekturstreit, der in der ganzen Bundesrepublik für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Spätestens, nachdem Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) sich mit massiver Kritik an dem geplanten "seelenlosen" Bau eingeschaltet und eine Verschandelung der Innenstadt beklagt hatte. Der jetzt gefasste Beschluss ist auch ein Eingeständnis des Scheiterns, an dem vor allem das Investorenmodell als Finanzierungsform wesentlichen Anteil hatte. Nachdem der Senat aufgrund massiver Kritik an der Größe des Baus eine Verkleinerung beschlossen hatte, wurde alles noch viel komplizierter - sprich: teurer. Der Münchner Architekt Professor Fritz Auer, der den Glaspalast am Domplatz entworfen hatte, zeigte sich gegenüber dem Abendblatt "tief enttäuscht" von der Senatsentscheidung. "Das Projekt wurde von vornherein schlechtgeredet", so Auer, "und mit dem Aus wird eine großartige Chance vertan." Der Senat habe mit der krassen Kehrtwende auch das Wettbewerbswesen bei Bauausschreibungen beschädigt, so Auer. Schließlich sei sein Entwurf als Sieger aus einem internationalen Wettbewerb hervorgegangen. Auer erwartet, dass die Stadt ihm das Honorar für die Vorplanungen zahlen wird - "denn wir haben unsere Aufgabe erfüllt und das auch sehr gut gemacht". Die Entscheidung ist für den renommierten Architekten besonders unverständlich, weil sich die Stimmung in der Stadt nach seinem Eindruck durch die beschlossene Verkleinerung des Entwurfs ins Positive verkehrt hatte. Auer: "Ich kapiere es einfach nicht."

SPD-Fraktionschef Michael Neumann hat das Aus für die Domplatz-Bebauung als "persönliche Niederlage für Bürgermeister Ole von Beust" bezeichnet. Beust habe das Projekt Mitte Juni zur Chefsache gemacht, jetzt aber die Kultursenatorin vorgeschoben, um dessen Scheitern zu verkünden. Für Hamburg sei die Entscheidung jedoch ein Grund zur Freude, sagte Neumann. "Hamburg bleibt an seiner Keimzelle ein Bauwerk erspart, das mit dem historischen Ort nichts zu tun hat und architektonisch höchst umstritten ist". Bedächtigere Töne kamen von der GAL: "Es ist sehr bedauerlich, dass der Senat nun das lange gemeinsam getragene Ziel einer Neubebauung des Domplatzes aufgibt", sagte Claudius Lieven. Es sei ein guter Ansatz gewesen, die Bücherhalle vom Hühnerposten auf den historischen Platz zu verlagern. Begeistert von der Entscheidung ist dagegen Markus Schreiber, Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte. "Ich freue mich über die Weisheit des Senats", so Schreiber, "vor allem bin ich froh, weil der geplante Entwurf keine gute architektonische Lösung darstellte." Bis Ende 2007 soll auf dem Gelände, für das seit Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder erfolglos Architekturwettbewerbe veranstaltet wurden, nun ein archäologischer Parcours mit Ausstellungen der mutmaßlichen alten Hammaburg entstehen. Und danach?