In Hamburg entdeckte Strahlungen als Polonium 210 identifiziert. Spuren auch auf Kowtuns Bezirksamtsakte.

Hamburg/London. Die Witwe des auf mysteriöse Weise radioaktiv vergifteten Ex-Agenten und Kremlkritikers Alexander Litwinenko hat schwere Vorwürfe gegen den russischen Geheimdienst FSB erhoben. "Niemand entkommt dem FSB", sagte Marina Litwinenko in einer ersten Stellungnahme zum Tod ihres Mannes der britischen "Sunday Times". Zwar könne sie nicht beweisen, dass "diese Leute" für seinen Tod verantwortlich seien. Sie sei aber sicher, dass sie ihm "nie vergeben haben", dass er den Geheimdienst öffentlich kritisierte.

"Sascha (Kosename für Alexander, d. Red) hat das System verlassen und dem System vorgeworfen, Menschen zu töten und zu entführen", sagte sie dem Sender Sky News. "Das verzeiht das System dir nie. Ob es die Wahrheit ist, ist dabei egal."

Ihr Mann habe "natürlich Feinde gehabt - aber keine Feinde, die ihn auf diese furchtbare Weise umbringen würden", sagte die 44-Jährige. In Großbritannien habe er sich sicher gefühlt, weil hier jedes einzelne Leben wichtig sei. An eine Vergeltung durch russische Behörden habe er nicht gedacht.

Indirekt machte Marina Litwinenko Kremlchef Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich: "Offensichtlich war es nicht Putin selbst, natürlich nicht", sagte sie der "Mail on Sunday". Doch was um den russischen Präsidenten herum geschehe, mache es möglich, einen Menschen auf britischem Boden zu töten. Mit russischen Ermittlern will Marina Litwinenko, Mutter des gemeinsamen Sohnes Anatoli (12), nicht zusammenarbeiten. Litwinenko war am 23. November an einer Vergiftung mit dem radioaktiven Polonium 210 gestorben.

In Moskau ließ ein ehemaliger Agent, Michail Trepaschkin, Scotland Yard die Nachricht zukommen, dass auf höchster Geheimdienstebene eine "Gruppe" beauftragt worden sei, mit Litwinenko abzurechnen. Russische Behörden haben britischen Ermittlern die Vernehmung Trepaschkins, der wegen Geheimnisverrats in Haft ist, untersagt.

Die in Hamburg-Ottensen entdeckten Strahlungen sind unterdessen zweifelsfrei als Spuren von Polonium 210 identifiziert worden. Rückstände des Materials fanden sich sogar auf einer Akte, die der Russe Dmitri Kowtun (41) im Bezirksamt Altona unterschrieb - und in jener Wohnung in der Erzbergerstraße, in der der Ex-Geheimdienstler schlief. Dort wie auch in Haselau (Kreis Pinneberg) waren fast ununterbrochen Ermittler im Einsatz. Die Staatsanwaltschaft hat gegen Kowtun ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.