Es war der einzige Satz, den Alexander Litwinenko den ganzen Tag geäußert hatte: "Marina, ich liebe dich so sehr." Seine Ehefrau, die den Tag am Krankenbett des Ex-KGB-Agenten verbracht hatte, küsste ihn, bedankte sich und ging kurz darauf nach Hause. Erst am Tag darauf wurde ihr die Bedeutung der Worte bewusst. Es war das Letzte, das ihr Mann ihr jemals sagen sollte. Am 23. November starb Litwinenko an einer Vergiftung durch radioaktives Polonium 210. "Bis zum letzten Tag glaubte ich, dass es ihm wieder besser gehen würde", sagt Marina (44) in der Zeitung "Mail on Sunday".
Gegen Mitternacht rief das Krankenhaus an - Litwinenko war nach einem Herzstillstand wiederbelebt worden. Marina fuhr mit ihrem Sohn Anatoly (12) hin. "Als ich ihn sah, hatte ich Angst", verriet dieser einer Freundin. "Es war nicht mein Vater. Er sah aus wie aus Plastik."
Am nächsten Abend bat das Krankenhaus Marina, so schnell wie möglich zu kommen. "Ich durfte ohne die Schutzschürzen und Handschuhe hinein, die wir wegen der Ansteckungsgefahr getragen hatten", sagt sie. "Wir brauchten sie nicht mehr, er war schon tot. Es war das erste Mal, dass ich ihn berühren, küssen, mich verabschieden konnte."
Die Tragödie hatte drei Wochen zuvor am 1. November begonnen - dem sechsten Jahrestag der Ankunft der Litwinenkos im Exil. "Ich bereitete ein schönes Essen zu", sagt Marina. "Gegen elf Uhr gingen wir ins Bett. Kurz darauf wurde ihm übel, er übergab sich die ganze Nacht. Am nächsten Morgen sagte er: ,Etwas stimmt nicht. Das Erbrechen ist so stark, dass mein Herz nicht klarkommt. Alles sieht grau aus. Ich glaube, ich bin vergiftet worden.'" Drei Tage später wurde Litwinenko in die Klinik gebracht und bestand darauf, auf Giftstoffe getestet zu werden. Doch selbst als dem Ex-Spion die Haare ausfielen, er nicht mehr schlucken konnte, glaubte seine Witwe, dass er gesund werden würde. "Als die Ärzte eine Thallium-Vergiftung vermuteten, waren wir geradezu glücklich", sagt sie. Sascha, wie sie ihren Mann nennt, habe gesagt, er nehme das Gegenmittel, egal, wie sehr es schmerze. "Erst an dem Tag, an dem er starb, wurde mir klar, dass ich ihn verlieren würde." Litwinenko sei ein liebevoller Vater, ein guter Ehemann und ein besonderer Mensch gewesen. "Sascha sagte immer: ,Marina, warum habe ich dich nicht eher getroffen?' Ich antwortete: ,Keine Angst. Wir werden ein langes, glückliches Leben miteinander verbringen.'" Es sollte nicht sein.