Die Union streitet um Steuererhöhungen, Hamburg hebt Gebühren an. Bis 2014 müssen die Bezirksämter 65 Millionen Euro einsparen.
Berlin/Hamburg. Wankender Euro, lahmende Wirtschaft, sinkende Steuereinnahmen, steigende Staatsschulden: Jetzt müssen die Deutschen für die Krise zahlen und sich auf tiefe Einschnitte einstellen. Dies betrifft nicht nur soziale Leistungen des Bundes ; auch in der Hansestadt Hamburg sind zum Teil drastische Gebührenerhöhungen geplant.
Die sieben Bezirksämter müssen bis zum Jahr 2014 rund 65 Millionen Euro einsparen. Das hat der Senat ihnen vorgegeben. Nach einer Sparliste der Bezirksamtsleiter sollen etwa Geburtsurkunden um 50 Prozent teurer werden. Die bislang kostenlose Beratung für Bauwillige wird nach den Vorschlägen teilweise kostenpflichtig und die Gebühr für Baumfällgenehmigungen verdoppelt. Für einfache Melderegisterauskünfte sollen künftig 10 Euro statt bisher 6 Euro bezahlt werden. Zugleich wird vorgeschlagen, den Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) personell zu verstärken. Die Mitarbeiter, die Knöllchen schreiben, füllen die Bezirkskassen. Ein zusätzlicher Kollege, so die Rechnung, steht für Jahreseinnahmen von 50 000 Euro - das Gehalt schon gegengerechnet. All diese Maßnahmen reichen allerdings nicht aus, um die Sparquote zu erfüllen. Die Bezirke müssen deshalb noch nach weiteren Einnahmequellen suchen - oder bei den Ausgaben kürzen.
Im Streit um Kürzungen im Bundesetat legte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) trotz eines Machtwortes von Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel nach. Er beharrte darauf, auch in den Bereichen Bildung, Forschung und Kinderbetreuung zu sparen. Gekürzt werden müsse zudem bei Beschäftigungsmaßnahmen für Arbeitslose, Steinkohle-Hilfen und Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr, sagte er dem "Spiegel". Koch brachte erstmals auch Steuererhöhungen ins Spiel. Diese seien nur dann zu vermeiden, wenn der Staat seine Ausgaben - wie von der Schuldenbremse vorgeschrieben - radikal kürze. Koch warnte: "Wir leben in dramatischer Weise über unsere Verhältnisse. Die Zeit der Behutsamkeit ist vorbei."
Merkel hielt gestern auf dem DGB-Kongress dagegen: Die Themen Bildung und Forschung würden die Schwerpunkte der Bundesregierung bleiben, "weil es anders gar nicht geht". Allerdings räumte die Kanzlerin ein, dass es "natürlich harte Fragen" bei den anstehenden Sparbeschlüssen geben werde. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und sein sächsischer Kollege Stanislaw Tillich (CDU) wandten sich in der "Bild am Sonntag" gegen jede Diskussion über höhere Steuern. Seehofer sagte: "Ich habe vor gut einem halben Jahr den Satz auf Seite 1 des Koalitionsvertrags unterschrieben: Steuererhöhungen zur Krisenbewältigung kommen nicht infrage. Dieser Satz gilt."
Leo Dautzenberg, der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, forderte die Koalitionäre dringend auf, dem nötigen Gesamtkonzept nicht weiter vorzugreifen. "Jede vorgezogene Diskussion geht fehl", sagte Dautzenberg dem Abendblatt. Die Fachpolitiker müssten den Haushaltsentwurf "intern" erarbeiten.
Auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, forderte die Regierung zu einem strikten Sparkurs auf. Der Staatsetat sei völlig überlastet. "Wir können schon froh sein, wenn wir Steuern und Abgaben stabil halten. Eine Steuersenkung ist in diesen Zeiten erst recht nicht finanzierbar", sagte er im Abendblatt-Interview. Offen zeigte sich Kannegiesser für die Einführung einer Transaktionssteuer bei Finanzgeschäften.